Reisebericht Skandinavien-RundreiseZwei Monate Elternzeit: Skandinavien rund!

Von Dänemark und Smaland über Dalarna, Lappland, die Lofoten, entlang der norwegischen Küste zurück nach Südschweden. Ein Abenteuer über 7000 km in kleinen Etappen mit einwöchigen Verweilstationen mit Matilda, damals 1 Jahr alt.

von Nordicfamily


Mitten in Dalarna © Nordicfamily

Mitten in Dalarna

© Nordicfamily

Reisebericht verfasst von

Nordicfamily
am 03.09.2013

Informationen zur Reise

Reiseziel: Skandinavien
Reiseroute: Rundreise, Dänemark, Schweden, Norwegen
Reisestart: April 2008
Reisedauer: 2 Monate
Teilnehmer: 2 Erwachsene, 1 Baby
Als frischgebackene Eltern sollte man nach landläufiger Meinung nicht weiter reisen als zur Mecklenburger Seenplatte, auf brandenburgische Bauernhöfe oder pauschal nach Mallorca. Doch wir wollen etwas ganz anderes: Wir planen ein, zwei Monate Elternzeit als intensive Familienzeit zu erleben – über 2000 km von zu Hause entfernt und immer unterwegs: mit dem Bulli, der Trage auf dem Rücken oder dem Snowboard unter den Füßen.

Mit Gelassenheit, Vertrauen in den Norden, ganz guter „Unterwegs“-Ausrüstung und einem aufgeschlossenen Kind reisen wir weit nördlich des Polarkreises in der besonderen Jahreszeit zwischen schmelzendem Schnee und Sommersonne. Diese Jahreszeit lockt wenige Touristen nach Norden, umso mehr fasziniert uns die Einsamkeit, die Landschaften im ganz speziellen Licht, im Schein der Mitternachtssonne. Ende April während einer der ersten strahlenden Frühlingstage in Potsdam brechen wir auf dem Landweg Richtung Dänemark auf. In unserer Phantasie war der Frühling schon weiter als in der Realität, statt sattgrüner Landschaften empfangen uns noch kahle Wälder. Aber wir genießen von der ersten Minute an unsere neue Freiheit: Verweilen, wo es uns gefällt und nehmen uns alle Zeit der Welt. Wir haben 2 Monate Auszeit, einen Luxus, den wir sehr schätzen lernen.

Innerhalb weniger Tage erreichen wir die ersten großen schwedischen Seen, übernachten in unserem Bus an den Ufern von Vänern- und Vätternsee. In einem Waldgebiet Südschwedens schließen wir uns einigen hartgesottenen Schweden an, durchstreifen die Landschaft und finden einige gastfreundlich eingerichtete Orte: Feuerstellen, Shelter, Übernachtungshütten an Wanderwegen im Wald. Das Jedermansrecht drängt sich auf. Das Allemansrätt besagt, daß sich jeder unter der Einhaltung des häuslichen Friedens in der Natur aufhalten kann, sie genießen kann ohne ihr Schaden zuzufügen. Ein historisch entstandener Schatz, den es in Schweden, Norwegen und Finnland gibt und den wir während der weiteren Reise noch oft nutzen werden.


In Dalarna am Siljansee und Orsasee richten wir uns für ein paar Tage gemütlich in einer Hütte ein. Merle soll auch ein wenig das Gefühl von Ankommen haben und eine Art Sicherheit und einen Ort, den sie für ein paar Tage ihre Heimat nennen kann. Wobei wir aber auch nach ein paar Tagen feststellen, daß unsere vier Quadratmeter Businnenraum ein wunderbarer Rückzugsort sind, in dem wir uns bald sehr heimisch fühlen. Die beiden Seen sind sehr flach und vielen Touristen im Sommer bekannt als die Reviera Dalarnas. Familienfreundliche touristische Angebote findet man über das Land verstreut, Künstlerateliers, Werkstätten, eine kleine Deutsche Bäckerei, gut ausgestattete Campingplätze. Viele Orte sind noch nicht aus dem Winterschlaf erwacht, was uns nicht weiter stört. Wir lassen uns mit den Schweden treiben, besuchen den größten Frühlingsmarkt in Rättvik, ein Jahrmarkt mit traditioneller Musik und viel Krims Krams.

Es ist wunderbar, zu beobachten wie Merle die verschiedenen neuen Untergründe, Straßenpflaster, Waldboden, Strandsand mit ihren kleinen Füßen meistert und neu entdeckt. Hin und wieder scheint es wichtig zu sein, ein vertrautes Kuscheltier oder Spielzeug dabei zu haben, aber ganz aufgeschlossen ist Merle auch für schwedische Kinderbücher und Kinderlieder von CD. So ist dies auch Merles erster mehrsprachiger Urlaub. Mit ein paar Brocken Schwedisch kommt man schnell mit Einheimischen ins Gespräch und die meisten staunen und wünschen uns Glück für unsere Unternehmung. Nach einer Woche fühlen wir uns in Dalarna schon richtig zu Hause. Mit Hummeln im Hintern reisen wir aber weiter in den Norden, wo wir auf einen alten Bekannten treffen. Mit ihm, einem Bärenjäger, der half einen der größten Schneescooterwege durch die Einsamkeit anzulegen, feiern wir das Ende der Wintersaison und die Einmottung des Scooters im Schuppen. Merle fühlt sich zwischen Hund und Katzen auf einem großen Hof im schwedischen Wald sehr wohl. Zum Abendessen gibt es sauer eingelegtes Bärenfleisch.

In Lappland nisten wir uns in ein Haus am See ein – kein Strom, kein fließend Wasser. Morgendliches Kaminanfeuern und Baden im fast noch zugefrorenen See sind dort Alltag. Ungefähr 30 Kilometer vom nächstgrößeren Ort entfernt, lesen wir Elchspuren und erfahren wie hell es noch um elf Uhr abends sein kann, es ist Mitte Mai.

Die Rückentrage zahlt sich aus: wir sind im lappländischen Wald unterwegs und tragen abwechselnd Merle mit ca 11 kg auf dem Rücken. Nach einer Stunde wird jeweils gewechselt – hätten wir vorher besser trainieren sollen? Auch einen Buggy haben wir in unsere Gepäckbox am Bus verstaut, doch der wurde nur zwei mal benutzt. Eine gute Trage ist eine gute Investition für solch ein Unternehmen.

Je länger wir unterwegs sind, desto mehr skandinavische Musik begleitet uns, nicht nur Kinderlieder. Wir kommen mit alten Sprachen wie samisch in Kontakt und tauchen immer tiefer in diese Welt ein. Einsamkeit umfängt uns auf dem Weg entlang Höga Küstens, ein Strandabschnitt am Bottnischen Meerbusen und durch die Sumpfgebiete Nordschwedens. Erste schneebedeckte Gebirgszüge ragen vor uns auf. Nur eine Straße schlängelt sich durch eine scheinbar endlosen Landschaft aus zugefrorenen Seen. Sie führt in eines der wohl entlegensten Skigebiete Europas zwischen Schweden und Norwegen: Riksgrensen. Die Möglichkeit, Ende Mai auf ein Snowboard zu steigen, lassen wir uns nicht entgehen.

Der Weg von den Berghängen Schwedens an die Küste Norwegens ist landschaftlich sicher die kontrastreichste Tour. Mit der Überwindung von nur ca. 1000 Höhenmetern bis an den Atlantik verwandelt sich innerhalb von nur 2 Stunden der Winter in Frühling, karge weiße Berghänge in saftig grüne Wiesen an idyllischen Buchten.

Die kleine Familie erreicht den nördlichsten Punkt ihrer Reise die Tjeldsund Brücke in der Region Harstad/Skanland und damit auch die Lofoten. Eine der beeindrucktesten Landschaften Nordeuropas zieht uns in ihren Bann. Das Meer trifft hier so unvermittelt die Berge, dass es fast surreal wirkt. Wir erschließen uns die Inseln Stück für Stück, beobachten die Mitternachtssonne, entdecken Walknochen und hinter jeder Kurve der bestens ausgebauten E10 ein Photomotiv. Letztlich verbringen wir eine Woche im äußersten Zipfel der Lofoten, im Fischerdorf mit dem kürzesten Namen weltweit: A. Eine Fischerhütte auf Stelzen am Hafen ist unser Zuhause.

Auf dem Weg in den Süden fahren wir den größten Teil über die berühmte RV 17, kreuzen erneut den Polarkreis und inhalieren die atemberaubenden Blicke auf die Küste, Fjorde und Berge. Weiter gen Süden schweifen wir mehr ins Landesinnere ab, um einsam im Rondane Nationalpark dem schmelzenden Schnee hinterherzuschauen und das Erwachen der Bergdörfer aus dem Winterschlaf mitzuerleben. Es ist inzwischen Juni und die Straße über das Hochplataeu von Jutonheimen wird kurz vor unserer Ankunft für den Autoverkehr freigegeben. Durch Schluchten aus fünfmeterhohen Schneewänden fahren wir wieder in erwachende Natur der Fjordtäler. Wohin das Auge sieht, stürzen Wasserfälle von den Hängen und brechen große Schneeplatten ab. Der Frühling will mit aller Kraft ankommen. Wir stehen mit Flip Flops und minimaler Oberbekleidung im schmelzenden Schnee.

Über Südschweden machen wir uns wieder auf, den Heimweg anzutreten. Und treffen kurz vor unserer Haustür zu unserer Überraschung auf exotische Felslandschaften aus rosa Granit, die ein Bullerbü-Idyll einbetten, wie wir es nicht erwartet hätten. Die aufgewühlte Nordsee an der Grenze von Kattegat und Skagerrak schlägt gegen gewaltige Steinformationen, wir können uns als Erwachsene kaum im freien Wind halten und müssen aufpassen, daß unser Kind nicht weggeweht wird. Dennoch nehmen wir alle Kräfte zusammen und klettern für ein paar tolle Bilder über die Felsen so dicht wie möglich ans Meer.

Als sich der Sturm wieder legt und unser Reisegefährt immer weiter gen Süden tuckert, verlieren wir uns noch in der Welt der Wikinger auf Falsterbo, um dann wieder mit der Fähre von Trelleborg nach Rostock zu reisen. Eine unglaubliche Reise liegt hinter uns und wir haben mehr gesehen und mitgenommen, als wir es erwartet haben. Das Geheimnis Skandinaviens liegt vor der Saison und zwischen den Jahreszeiten. Merle ist jetzt 1 Jahr und 2 Monate. Ein Sechstel ihres bisherigen Lebens unterwegs im Norden.


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