InterviewMit Baby auf der Seidenstraße – Interview mit Inka Schmeling
Mit ihrem Buch „Abenteuer Elternzeit. Ein Ratgeber über das Reisen mit Babys und Kleinkindern“ gilt sie als „Erfinderin“ des Elternzeit-Reisens. Inka Schmeling erzählt uns von ihrem eigenen Elternzeit-Abenteuer mit Sohn Nepomuk.
von KidsAway-Redaktion
Elternzeit mal anders - auf der Seidenstraße
© Inka Schmeling
KidsAway: Erzähl doch bitte erst einmal ein wenig von eurer Familie – wer seid ihr?
Inka: Wir sind vier: Mein Mann David und ich, unser jetzt vierjähriger Sohn und unsere sieben Monate alte Tochter.
Als Nepomuk neun Monate alt war, seid ihr mit ihm in den Orient gereist, auf der Route der alten Seidenstraße, die nach China führt. Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, während der Elternzeit zu reisen – das ist doch mit einem Baby bestimmt wahnsinnig kompliziert…?
Als unser Sohn gute drei Monate alt war, sind wir mit ihm für zwei Wochen ins spanische Galizien geflogen, wo ein Freund geheiratet hat. Und waren einfach nur glücklich: Dass wir so viel Zeit zu dritt hatten, alle miteinander, und das weit weg vom Alltag. Davon wollten wir unbedingt noch richtig viel mehr haben.
Der Nahe Osten ist ja ein recht „exotisches“ Reiseziel für frischgebackene Eltern. Welche Reaktionen habt ihr auf eure Reise bekommen – sowohl vorher als auch nachher?
„Das würde ich mich nie trauen“, haben die gesagt, die wenig wussten über die Länder, die wir bereist haben. Wer sich dort auskannte, wusste: „Super Idee!“
Du hast in der ZEIT geschrieben, Reisen mit Kind wäre normaler Alltag, nur an einem anderen Ort. Erzähl doch mal von einem typischen Tag auf eurer großen Reise: War das Alltag?
Wir sind natürlich auch viel in Moscheen oder Museen gewesen, unseren Sohn vor der Brust geschnallt. Aber wir sind eben auch viel auf Märkte gegangen, haben Gemüse gekauft, es in unseren Wohnungen gekocht und mit einer Gabel zu einer Art Babybrei zerdrückt. Wir haben unseren Sohn gefüttert, gewickelt, gebadet und in den Schlaf gesungen, wie zu Hause. Aber dazwischen haben wir Hummus oder persischen Eintopf gegessen, wir sind durch die Gassen von Istanbul, Damaskus und Teheran gelaufen, haben abends auf unserer Dachterrasse gesessen und dem Gesang der Muezzine zugehört. Das war schon irgendwie Alltag, aber eben an ganz besonders schönen Orten.
Ihr wart ja im Vergleich zum typischen Jahresurlaub sehr lange unterwegs – wie viel Vorbereitung steckte darin?
Schon mehr als für einen klassischen Dänemark-Urlaub. Wir mussten Visa beantragen für Syrien und den Iran, überhaupt brauchten wir erst einmal einen Reisepass für unseren Sohn. Das war der wohl schwerste Teil unserer Vorbereitungen: ein biometrisches Passbild von unserem zappelnden, strahlenden Baby zu machen. Dann haben wir über Freunde und Bekannte, die schon in diesen Ländern waren, Informationen gesammelt, Ansprechpartner, Anlaufstellen. Und am Ende mussten wir unser komplettes Gepäck in zwei große Rucksäcke reinquetschen.
Was waren die Höhepunkte eurer Reise?
Wir haben so viele Fotos und Erinnerungen mit nach Hause gebracht, dass ich da gar nicht auswählen könnte. Die Bilder schießen mir immer noch regelmäßig durch den Kopf: Wie unser Sohn in Istanbul durch die Blaue Moschee gekrabbelt ist und in den Altstadtgassen von Damaskus laufen gelernt hat. Ich habe unsere verwinkelte Wohnung in Damaskus geliebt, mein Mann schwärmt immer noch von dem persischen Reis. Und unser nun vierjähriger Sohn liebt am meisten das Foto, das uns zu dritt in der syrischen Wüstenstadt Palmyra auf einem Kamel zeigt. Er redet immer nur von der „Reise in das Land, wo wir auf dem Kamel geritten sind“. Am allermeisten aber hat meinen Mann und mich diese unglaubliche Gastfreundschaft und Kindervernarrtheit begeistert, die uns während der ganzen Reise begleitet hat.
Welches Land ist euer Favorit, speziell fürs Reisen mit (kleinen) Kindern?
Wir sind 2009 als Familie in allen drei Ländern – in der Türkei, in Syrien und im Iran – begeistert aufgenommen worden. Leider kann man Syrien als Reiseland ja derzeit nicht empfehlen und den Iran wegen der ständigen Streitereien mit Israel auch nur eingeschränkt…
Gibt es etwas, was ihr am Reisen (mit Kindern) nicht mögt?
Was das Reisen als Familie so schön macht, macht es gleichzeitig auch manchmal anstrengend: Man ist einfach immer zusammen, Tag und Nacht. Hin und wieder wären mein Mann und ich schon gerne auch mal zu zweit in ein schickes Restaurant gegangen. Aber das haben wir dann eben zu Hause nachgeholt.
Eure Tipps als Reiseprofis: Was müssen Eltern beachten, die in der Elternzeit reisen wollen?
Das weiß eigentlich jeder am besten selbst: Wen es in die Ferne zieht, der kann wirklich auch mit Kindern reisen – zumindest mit den allermeisten. Und wem das schon in Gedanken viel zu anstrengend ist, der soll es sich eben zu Hause oder in einem Ferienhaus in Holland oder Dänemark gemütlich machen. Letztlich geht es doch darum, viel Zeit an einem schönen Ort miteinander zu verbringen, egal wie weit der weg ist.
Könnt ihr einschätzen, was Nepomuk von eurer Reise mitgenommen hat? Hat es sich „gelohnt“?
Unser Sohn hat heute nur noch die Fotos und die Anekdoten, die wir ihm von der Reise erzählt haben. Na, und er hat zwei glückliche Eltern. Denn für uns war die Reise eine sehr wichtige Zeit, von der wir noch heute, im Alltagsstress zwischen Job und Kita und Haushalt, sehr zehren.
Was ist euer Plan für die nächsten Jahre? Wird es eine weitere Elternzeit-Reise geben?
Ja, und zwar ab diesem Samstag: Wir ziehen mit unseren beiden Kindern für einen Monat in eine gemütliche Dachwohnung in Kopenhagen – mit Gästebett! Denn so fantastisch man auch mit Babys reisen kann, Vierjährige vermissen doch auch mal irgendwann gleichaltrige Freunde. Aber die kommen uns jetzt besuchen und so kommen wir dort hoffentlich alle vier auf unsere Kosten.
Wenn eine Fee mit drei Wünschen käme: Was ist euer großer, unerfüllter Reise-Traum?
Ein eigener VW-Bus!
Vielen Dank für das Interview und viel Spaß mit den Kids in Kopenhagen!
Inka Schmeling: „Abenteuer Elternzeit: Ein Ratgeber über das Reisen mit Baby und Kleinkind“, ist im Beltz Verlag erschienen und kostet als Taschenbuch bei Amazon 14,95 Euro.
Noch mehr Tipps und Erfahrungen von Inka und anderen Eltern findet ihr auf der Website www.nepomuksreisen.de.
Die nächste Lesung von Inka findet am Sonntag, dem 4. November 2012, um 15 Uhr in der Münchner Buchhandlung Geobuch (Rosental 6) statt. Einlass ist ab 14:30 Uhr. Viel Spaß!