Entspannt reisenStreit und Krach im Familienurlaub – das muss nicht sein!

Da freut man sich seit Monaten auf den Urlaub, hat viel Geld für Flugtickets ausgegeben und lange recherchiert, was man unternehmen könnte, und dann das: Streit mit den Kindern, Krach mit dem Partner und so viel Stress, dass man zu Hause erst einmal Urlaub braucht.

von KidsAway-Redaktion


Wenn die ganze Familie entspannt ... © Eléonore H - Fotolia.com

Wenn die ganze Familie entspannt ...

© Eléonore H - Fotolia.com

Reisen sind dank Fernsehen und Reiseblogs heutzutage mit Erwartungen überfrachtet. Jeder ist überzeugt, einen Anspruch auf den perfekten Urlaub zu haben – und auf der anderen Seite auch die Verpflichtung dazu. Überall liest man begeisterte Reiseberichte, dann muss man selbst ja wohl auch eine tolle Zeit haben!

Fahrt ihr mit dieser Erwartung los, könnt ihr eigentlich nur enttäuscht werden, denn kein Urlaub ist nun mal so perfekt wie ein Werbevideo auf YouTube.

Ein weiteres Problem am Familienurlaub ist genau das: Die Familie, die verreist, besteht ja aus denselben Menschen, die auch im Alltag zusammenleben. Probleme, die ihr mit dem Partner, im Beruf oder mit den Kindern habt, bleiben leider nicht zu Hause; ihr nehmt sie mit in den Urlaub und dort entwickeln sie ein Eigenleben.

Rechnet noch den Stress des Reisens an sich dazu – und der lässt sich gerade mit Kindern nicht vermeiden – und kleine Problemchen und Belastungen, die man ansonsten locker wegsteckt oder weglächelt, bekommen plötzlich echtes Familienkrach-Potenzial.

 

Konfliktfallen in der Partnerschaft

Familienurlaub ohne Stress beginnt schon vor der Anreise © Pavel Losevsky - Fotolia.com

Familienurlaub ohne Stress beginnt schon vor der Anreise

© Pavel Losevsky - Fotolia.com

Viele Eltern fahren mit der Erwartung los, in den nächsten Wochen alles an Nähe, Spaß und Erziehung nachzuholen, wozu man im Rest des Jahres nicht gekommen ist. Vom Partner erwartet man liebevolle Zuwendung, gute Gespräche und abendliche Romantik; die Kinder sollen bitte ebenfalls „funktionieren“.

Meist passiert genau das Gegenteil: Man fährt bereits gehetzt und mürrisch los, weil man bis zum Schluss mit Arbeiten, Packen und der Suche nach den verschwundenen Reisepässen beschäftigt war, die Kinder maulen und streiten sich.

Auf Reisen ist man in einer Ausnahmesituation, der gewohnte Alltagstrott fällt weg. Das ist zwar toll, aber auch anstrengend: Besonders für berufstätige Eltern ist die Rund-um-die-Uhr-Anwesenheit beider Partner (und der Kinder, die sonst den Tag in Kita und Schule verbringen) eine extreme Umstellung.

Eltern, die ihre Rollen „klassisch“ aufteilen, bekommen im Urlaub dagegen oft Probleme mit der Verteilung ihrer Aufgaben: Wenn Papa sonst ganztags auf Arbeit ist und auf einmal verantwortlich für die Kinder und den Abwasch sein soll – oder will! –, kann das die ganze Familie durcheinanderwirbeln.

Um nicht dieselben Fehler wie im letzten Jahr zu machen, solltet ihr euch daher vor dem nächsten Urlaub in Ruhe hinsetzen und über eure Erwartungen an die Reise sprechen. Dann ist klar, was jedes Familienmitglied von den anderen erwartet und was es selbst im Urlaub vorhat.

 

Geld: der häufigste Anlass für Streit

Die Reisekasse birgt in Familien großes Streitpotenzial © racamani - Fotolia.com

Die Reisekasse birgt in Familien großes Streitpotenzial

© racamani - Fotolia.com

Das liebe Geld ist ein sehr häufiger Streitpunkt auf Reisen. Die allermeisten Familien fahren mit einem festgelegten und nicht allzu großen Budget in den Urlaub. Oft kommt es zu Reibereien, weil alles teurer ist als gedacht, weil man mehr ausgibt als geplant oder weil die Wünsche des einen beim anderen auf Unverständnis stoßen.

Damit ihr euch nicht auf der Reise ständig über Geld streitet, solltet ihr vor der Reise gemeinsam einen finanziellen Rahmen abstecken, vielleicht ein Tagesbudget festlegen und auch darüber reden, wer was bezahlen wird.

Sprecht vorher ab: Wie sparsam wollt oder müsst ihr sein? Darf es täglich zum Essen ins Restaurant gehen oder nehmt ihr euch besser vor, selbst zu kochen und am letzten Abend schick zu dinieren? Wie viele Urlaubssouvenirs dürfen gekauft werden und welcher Preisrahmen soll dabei nicht überschritten werden? Welche großen Wünsche haben die Familienmitglieder für den Urlaub?

Wenn ihr schon vorher wisst, dass einer von euch eher großzügig ist und die Kreditkarte auch mal überzieht, sollte geklärt sein, dass der spontane Fallschirmsprung dann nicht aus der gemeinsamen Reisekasse bezahlt wird – oder dass die Kreditkarte aus genau dem Grund zu Hause bleibt.

 

Harmonie durch gute Planung und Verständnis

Vor allem berufstätige Väter wollen im Urlaub mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Das kann in die Hose gehen, wenn ihr nicht vor dem Urlaub gemeinsam besprecht, was ihr genau machen wollt, wer das organisieren wird und ob die Kinder überhaupt Lust darauf haben; Teenager haben vielleicht gar kein Interesse mehr an einer Fahrradtour mit Papa.

Die Erwartungen der Kinder müssen bei der Planung des Urlaubs gleichwertig oder sogar bevorzugt berücksichtigt werden; ein Kind, das sich von vornherein gegen einen Wanderurlaub gesträubt hat oder einfach noch zu klein für einen Städtetrip ist, kann der restlichen Familie den Urlaub komplett ruinieren.

Tipp: Schreibt vor dem Urlaub eure Wünsche und Erwartungen auf und vergleicht sie.

  • Was will ich von diesem Urlaub: Ruhe am Strand, spannende Ausflüge, viel Familienzeit?
  • Wie viel Zeit brauche ich für mich allein?
  • Wie viel Zeit will ich mit den Kindern/meinem Partner verbringen?
  • Was will ich in diesem Urlaub unbedingt unternehmen?

Habt ihr verschiedene Vorstellungen von eurem Urlaub, solltet ihr schon zu Hause nach Kompromissen suchen und zum Beispiel für jeden eine Aktivität einplanen, mit der er glücklich ist. Sind Kompromisse nicht möglich, ist es überhaupt nicht schlimm, auch mal etwas getrennt zu unternehmen!

 

Entspannung ist Pflicht

Wenn alle an einem Strang ziehen, gibt es keinen Streit © matka_Wariatka - Fotolia.com

Wenn alle an einem Strang ziehen, gibt es keinen Streit

© matka_Wariatka - Fotolia.com

Es ist die „hohe Schule“ des Familienurlaubs, besonders mit kleinen Kindern: Wie soll man sich verdammt noch mal erholen, wenn man wie jeden Tag von Morgens bis Abends die Kinder betreuen muss – die im Urlaub noch anspruchsvoller sind als sonst?

Zunächst ist hier ein Perspektivwechsel anzuraten, empfehlen die Weltwunderer: „Wer mit kleinen Kindern reist, der sollte keinen Urlaub erwarten – sondern ein Abenteuer. Dann macht es auch Spaß, Herausforderungen zu bestehen und mit den Kindern die Welt zu entdecken. Ausschlafen, am Strand ein Buch lesen, gemütlich durch die Stadt bummeln – darüber kann man sich freuen, wenn es klappt, aber man darf es nicht erwarten!“

Entscheidend dabei: sich selbst und seine Bedürfnisse richtig einschätzen. Viele Mütter brauchen zum Beispiel dringend Erholung, weil sie im Alltag ständig für andere sorgen. Stattdessen machen sie im Urlaub einfach weiter: Sie packen alle Koffer, beaufsichtigen am Pool die Kinder und übernehmen das Kochen in der Ferienwohnung – weil sie gar nicht mehr abschalten können.

Professor Michael Stark, Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Asklepios Westklinikums Hamburg, empfiehlt ihnen, die täglichen Pflichten im Urlaub bewusst zu verteilen und sich regelmäßig abzuwechseln; „freiwillig“ zusätzliche Aufgaben übernehmen ist verboten!

Auch berufstätige Eltern können im Urlaub nicht einfach „abschalten“: Im Alltag sind sie ständig gefordert und haben eigentlich nie Feierabend. Statt sich zu erholen, stopfen sie jeden Urlaubstag mit Aktivitäten voll und nehmen sich für die Abende noch Arbeit von zu Hause mit. Ihnen rät Professor Stark, den Urlaub nicht zu überfrachten: „In einer Woche kann man nicht ,Krieg und Frieden‘ lesen, ein toller Spielgefährte für seine Kinder sein, die Frau verwöhnen und noch ein paar Ideen für das nächste Projekt in der Firma entwickeln.“

Habt ihr Erholung sehr nötig, solltet ihr den Urlaub bewusst darauf ausrichten: Bucht eine Pauschalreise oder eine geführte Tour, bei der ihr möglichst wenig entscheiden und organisieren müsst, bei der eure Kinder zeitweise betreut und beschäftigt werden oder tut euch zumindest mit anderen Familien zusammen, um die Aufgaben zu verteilen.

Wichtig: Nach einer anstrengenden Reise solltet ihr, wenn irgend möglich, noch ein paar Tage zur Erholung einlegen. Legt auf langen Flugstrecken zwei Tage Stopover in einem schönen Hotel ein oder bleibt nach eurer Rückkehr zu Hause und schickt die Kinder ohne schlechtes Gewissen in die Kita oder zur Oma.

Sonst kehrt ihr zwar voller neuer Eindrücke, aber ordentlich erschöpft in die Arbeit zurück.

 

Vergesst die Kinder nicht!

Auch Kinder sollen sich im Urlaub erholen © micromonkey - Fotolia.com

Auch Kinder sollen sich im Urlaub erholen

© micromonkey - Fotolia.com

Die Kinder nörgeln, zanken und maulen im Urlaub nicht ohne Grund: Oft werden ihre Bedürfnisse von den Eltern schon bei der Urlaubsplanung ignoriert oder vergessen. Falsch verstandene Bemühungen gehen ebenso nach hinten los: Ein Teen, der am liebsten mit Gleichaltrigen abhängen will, wird sich für eine Museumstour mit den Eltern oder eine Woche auf einer einsamen Berghütte nicht begeistern können.

Denkt also schon bei der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse eurer Kinder und vergesst nicht, dass sich diese mit dem Alter verändern.

Apropos Alter: Ist das bei euren Kindern sehr verschieden, kann es schwierig sein, gemeinsam zu spielen oder für alle geeignete Aktivitäten zu finden. Besser als perfekt organisierte Einzelbeschäftigung durch Mama und Papa sind passende Spielkameraden: Jedes Schulkind freut sich über Gleichaltrige, mit denen es stundenlang Quatsch machen kann. Organisiert ihnen Spielgefährten und ihr schlagt zwei Fliegen mit einer Klappe: glückliche Kinder und Entspannung zu zweit.

Worüber sich alle Kinder im Urlaub freuen: viel Zeit und Bewegung an der frischen Luft, genügend Freiraum zum unabhängigen Entdecken und natürlich etwas Besonderes, was es zu Hause nicht gibt. Mindestens eine Aktivität am Tag solltet ihr extra für die Kinder einplanen (am besten in Absprache mit ihnen) und bereit sein, Zeit nach ihren Vorstellungen mit ihnen zu verbringen – wenn sie es wollen.

 

Urlaub muss schulfrei sein

Genauso tabu wie das Mitnehmen eigener Arbeit für euch ist es, Schul- und Nachhilfematerial in den Koffer zu packen. Der Urlaub soll für euch alle eine Erholung sein, der Streit um Hausaufgaben und nicht kapierte Grammatikregeln kann gern zu Hause bleiben.

In den Ferien brauchen Kinder selbstbestimmten Freiraum zum Spielen, gern auch mit Gleichaltrigen, um sich vom Schulstress zu erholen. Im Urlaub solltet ihr den Tag daher nicht mit Aktivitäten und Ausflügen ausbuchen. Sind Nachhilfestunden nötig oder muss eine ferienübergreifende Hausaufgabe gemacht werden, dann ist die Zeit dafür nach dem Urlaub und vor Schulbeginn.

Keine Sorge: durch Vorlesen von Speisekarten, das Ausrechnen von Preisen und den Kontakt zu einer anderen Kultur und fremden Menschen lernen Kinder im Urlaub mehr als genug.

 

Tipps für eine Familienreise ohne Krach

  • Den Urlaub schon zu Hause beginnen: spätestens einen Tag vor der Abreise frei nehmen, um in Ruhe zu packen, zu organisieren und ausgeschlafen starten zu können
  • Mindestens zwei Wochen Urlaub machen: dann erst beginnt die eigentliche Erholung
  • Wünsche äußern: nicht erwarten, dass der Partner einem die eigenen Bedürfnisse von den Augen abliest; eigene Freiräume einfordern, wenn man sie möchte, und sie auch dem anderen zugestehen
  • Hohe Erwartungen vermeiden: möglichst offen an die Reise herangehen, positiv denken (nicht meckern!) und Zeit zum Eingewöhnen nehmen
  • Schlafen: Genug Schlaf ist die Basis für körperliche und seelische Erholung. Eltern von Frühaufstehern machen im Urlaub am besten gemeinsam mit ihren Kindern Mittagsschlaf.
  • Sich Freiräume zugestehen: auf ausreichende Größe des Urlaubsquartiers achten, damit man bei Regenwetter nicht nonstop aufeinander hockt
  • Keine (Schul-) Arbeiten erledigen!
  • Gleichaltrige Spielpartner für die Kinder organisieren: mit anderen Familien verreisen, Familien im Hotel ansprechen oder Freunde mitnehmen
  • Entspannen: und zwar innerlich, indem man sich immer wieder sagt: „Wir müssen nichts!“

 

Streit im Urlaub – ein Tabu?

Alle zusammen im Urlaub - selten so perfekt © Kablonk Micro - Fotolia.com

Alle zusammen im Urlaub - selten so perfekt

© Kablonk Micro - Fotolia.com

Die allerschlechteste Voraussetzung für einen schönen Familienurlaub ist es natürlich, wenn die Eltern ungeklärte Beziehungsprobleme mit in den Urlaub nehmen. Die abwechselnd streitenden und dumpf brütenden Eltern verunsichern die Kinder so, dass sie ebenfalls unerträglich werden, womit sich der Teufelskreis schließt.

Aber sind kleine Streitereien im Urlaub so schlimm? Eine Reise mit Kindern ist einfach eine Herausforderung – für einen selbst, für die Partnerschaft und für die Familie. Experten sprechen sogar von einer „Urlaubskrise“, die meist am dritten Tag einer Reise eintritt und schlicht von der körperlichen und seelischen Umstellung aller Familienmitglieder herrührt.

Wer sich das bewusst macht und keine überzogenen Vorstellungen von einer 100 Prozent harmonischen Reise hat, der bleibt gelassen, auch wenn es mal kracht. Und lebt den Kindern nebenbei vor, was ein guter Streit ist: einer mit anschließender Versöhnung. Die macht bei einem Extra-Eis am Strand noch viel mehr Spaß als zu Hause.


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