KidsAway-FamilieninterviewAllein reisen mit Kind – eine Single-Mama erzählt
Allein mit ihrem Sohn zu verreisen, das ist für die reiselustige Single-Mama Gela ganz selbstverständlich. Im KidsAway-Interview erzählt sie vom Reisen als Alleinerziehende und verrät, wovor sie unterwegs am meisten Angst hat.
von KidsAway-Redaktion
Zusammen entdecken Gela und ihr Sohn die Welt
© Gela Misslbeck
Single-Mutter Gela kann da nur schmunzeln; sie reist als Alleinerziehende mit ihrem Sohn um die Welt, seit er wenige Monate alt ist.
Ihr Credo: Allein reisen mit Kind ist anders, aber nicht prinzipiell schwieriger.
Liebe Angela, erzähl unseren Lesern bitte zuerst kurz etwas über dich und deinen Sohn.
Ich lebe zu zweit mit meinem Sohn (6) mitten in Berlin, sehr städtisch. Zum Ausgleich bevorzugen wir auf Reisen ländliche Regionen. Was meine beiden liebsten Hobbys – mein Kind und das Reisen – betrifft, bin ich wohl ein Spätzünder. Bei meinen ersten außereuropäischen Reisen war ich schon über 30 Jahre alt und als mein Sohn auf die Welt kam, Ü40.
Gerade liegt der Schulstart hinter uns. Das war fast so aufregend wie unsere Langzeitreise durch die drei Amerikas.
Reist du grundsätzlich allein mit deinem Sohn, oder auch mal in anderen Konstellationen?
Wir sind von jeher zu zweit auf Reisen gegangen. Ich finde das nicht doof, einsam oder schlimm – im Gegenteil: Ich genieße die Freiheit, allein und spontan zu entscheiden, was ich wann machen will. Inzwischen darf mein Juniorreisepartner aber auch manchmal mitreden.
Zwischendurch suche ich mir gern mal weitere Reisepartner. Vor allem für Kurzreisen ist das nett und quasi ohne Risiko. So war ich mit anderen alleinerziehenden Mamas unterwegs, mit meiner Mutter oder meiner Schwester und ihrer Familie. Einige Male haben wir auch schon mit meinen Freunden ohne andere Kinder Urlaub gemacht. Da hatte mein Sohn eben ganz viele Tanten und Onkels.
Zuletzt sind wir mit vier anderen Kitakindern und – mit einer Ausnahme – jeweils einem Elternteil für ein verlängertes Wochenende verreist. Auch das hat viel Spaß gemacht und Freundschaften gestiftet.
Ich bin da sehr offen und experimentierfreudig und wurde bisher kaum enttäuscht. Mit ein bisschen Flexibilität und Toleranz klappt es auch mit Mitreisenden, die man nicht so gut kennt.
Wo seid ihr schon überall gewesen?
Da ich selbst ja einiges nachzuholen habe, ist mein Sohn für sein Alter schon ziemlich weit herumgekommen. Die erste nennenswerte Tour ging mit eigenem Auto nach Südtirol und in die Toskana, als mein Baby fünf Monate alt war. Unterwegs habe ich immer wieder zum Stillen angehalten.
Mit zehn Monaten ist er in die Türkei geflogen, mit 20 nach Lanzarote, mit 23 Monaten nach Kuba. Außerdem: Mallorca, La Gomera, Gran Canaria, Ecuador, Costa Rica, Panama, USA, Südostasien (per Kreuzfahrt), Polen, Österreich, Slowenien … – was fehlt?
Auch innerhalb Deutschlands sind wir immer wieder gern unterwegs, vor allem an der Ostsee, in den Alpen und den Mittelgebirgen. Ich liebe Wandern!
Was waren eure Highlights bisher?
Ganz klar: unsere viermonatige Tour durch Ecuador, Panama, Costa Rica und den Südwesten der USA. Auf dieser Reise hat mein Sohn seinen fünften Geburtstag gefeiert. Wir haben davon eine riesige Schatzkiste vollerErinnerungen an Erlebnisse in allen Gefühlslagen, von abenteuerlich über urkomisch bis zermürbend, mitgebracht.
Zugleich haben wir auf dieser Tour alle möglichen Arten zu reisen ausprobiert: öffentliche Busse in Ecuador, Mietwagen in Panama und Costa Rica, Wohnmobil in den USA. Das Reisen im Wohnmobil haben wir beide besonders geliebt. Das wollen wir gern öfter machen.
Welche Reaktionen bekommt ihr, wenn ihr zu zweit unterwegs seid?
Allein reisen mit Kind ist nicht schlechter - nur anders
© Gela Misslbeck
Anders sieht es zu Hause aus. Mein enger Freundeskreis weiß inzwischen, dass Reisen für mich (nach meinem Kind) das Wichtigste überhaupt ist. Viele teilen diese Leidenschaft, die anderen machen sich höchstens mal darüber lustig.
Neue und weniger gute Bekannte reagieren oft etwas erstaunt. Dann kommen Sprüche wie: „Das würde ich mich nie trauen“, „Da hätte ich viel zu viel Angst, dass etwas passieren könnte“ oder „Das ist doch höllisch anstrengend.“ Meine schärfste Kritikerin ist meine Mutter. Sie hielt es anfangs für komplett unverantwortlich, wie oft, auf welche Weise und wohin ich mit meinem Sohn reise, und sie war lange Zeit überzeugt, dass es ihm mehr schadet als Spaß macht.
So langsam lehrt sie aber die Erfahrung, dass dem nicht so ist. Als ich ihr nun von unserer bevorstehenden Herbstreise erzählt habe, kam zum ersten Mal rein gar keine Kritik.
Wie hast du dich auf eure Fernreisen vorbereitet?
Mit Reiseführern, Reiseblogs, Büchern über Fern- und Langzeit-Reisen (allein) mit Kind. Zur Vorbereitung auf die Langzeitreise habe ich mich in diversen Weltreise-Foren schlau gemacht und die Erfahrungsberichte von Alleinreisenden mit Kindern auf der Homepage eines einschlägigen Reisebüros für Familien-Weltreisen studiert.
Wir haben das ganze Impfprogramm absolviert, sooo klein war mein Sohn ja nicht mehr. Und ich hatte eine Reiseapotheke für alle Fälle dabei.
Eine häufige Frage: Was machst du in Notfällen, wenn du zum Beispiel unterwegs sehr krank wirst oder einen Unfall hast?
Ich mache auf Reisen nichts anderes als zu Hause auch: andere um Hilfe bitten. Davor braucht sich niemand zu scheuen, der allein mit Kind unterwegs ist. Die meisten Leute helfen gern und manche freuen sich richtig darüber, helfen zu können. Das gilt ganz besonders, wenn man mit blonden, blauäugigen Kindern in Südamerika unterwegs ist.
Für den Fall, dass ein richtig krasser Unfall passieren sollte, trage ich immer eine wasserdichte Notfallkarte bei mir. Darauf stehen meine persönlichen Angaben, die meines Sohnes und Namen und Telefonnummern von zwei Kontaktpersonen in Deutschland.
Über eine Reisekranken- und Unfallversicherung kann man absichern lassen, dass in Notfällen jemand nachreisen darf, um das Kind zu versorgen. Zum Glück haben wir das alles bisher nie gebraucht.
Wie regelst du längere Reisezeiten mit dem Papa deines Sohnes? Was muss man als Alleinerziehende/r da beachten?
Das kommt ganz darauf an. In unserem Fall ist es denkbar einfach, denn ich habe das alleinige Sorgerecht und der Kontakt zum Papa ist ohnehin sehr sporadisch, weil er 500 Kilometer entfernt wohnt.
Wenn die Eltern sich das Sorgerecht teilen, muss der andere Elternteil mit Auslandsreisen einverstanden sein und eine Reisevollmacht erteilen. Sonst kann die Bundespolizei die Ausreise verweigern und die Beamten in anderen Ländern können die Einreise verweigern. Auch wenn man das Sorgerecht nicht teilt, kann es nicht schaden, einen Nachweis mitzunehmen, der bestätigt, dass man alleine mit dem Kind reisen darf.
Ich habe zur Sicherheit immer eine internationale Geburtsurkunde meines Sohnes dabei, in der kein Vater eingetragen ist. Das ist sicher die einfachste Variante.
Wenn das nicht geht, bestätigt eine sogenannte Negativbescheinigung des Jugendamts, dass man alleiniges Sorgerecht hat – und damit auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Die muss man gegebenenfalls übersetzen und beglaubigen lassen. Das ist etwas Aufwand, aber dann ein für alle mal erledigt.
Ist nach deiner Erfahrung allein mit Kind reisen anders – leichter oder schwerer?
Ich würde sagen: es ist anders. Manches ist sicher schwerer. Im wahrsten Sinn des Wortes gilt das für das ganze Gepäck, wenn man allein mit Baby reist.
Anderes ist dafür leichter. Auch zu Hause beneiden mich Mamas in Beziehungen manchmal darum, dass ich allein entscheiden kann und mir keiner in die Erziehung reinredet. Das ist ein Vorteil, den ich auch beim Reisen schätze.
Einige Konflikte bleiben uns so erspart.
Welche Reiseziele oder Reisearten würdest du Single-Eltern empfehlen, die das erste Mal allein mit Kind reisen?
Allein reisen mit Kind - sehr entspannt!
© Gela Misslbeck
Wer weniger in der Welt herumgekommen ist und sich ans Reisen genau wie ans Elterndasein erst herantastet, fängt eben mit kürzeren, weniger weit entfernten Zielen an. Ich persönlich meide immer noch Hochrisiko-Malariagebiete, aber das habe ich auch schon ohne Kind getan.
Und was funktioniert deiner Meinung nach gar nicht?
Alles wovor du Angst hast, wie bei mir eben die Malariagebiete. Ich habe schon in Panama und Costa Rica gemerkt, dass ich bei jedem Mückenstich auf der zarten Kinderhaut nervös wurde. Das bringt’s nicht. Denn die eigene Nervosität steckt das Kind schnell an.
Nur wer sich seiner Sache sicher ist, kann auch dem Kind Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, und das ist auf Reisen mindestens so wichtig wie zu Hause.
Gruppenreise oder Individualtour, was findest du als Single-Mama im Urlaub besser?
Schwierige Frage. Beides hat Vorteile. Es kommt darauf an, was mir gerade wichtiger ist. Wenn ich einfach nur entspannen und Zeit mit meinem Kind verbringen will, ziehe ich lieber alleine los. Habe ich Lust auf Action, Spaß und Party, suche ich mir Reisepartner.
Was steht als nächstes auf deiner Reiseliste?
Unsere ersten Herbstferien bringen uns nach Teneriffa. Die Kanaren habe ich schon ohne Kind lieben gelernt. Es zieht mich immer wieder auf die Inseln des ewigen Frühlings. Mit dem Rest der Berliner Ferien hadere ich noch. Denn die sind allesamt zu kurz für weite Flüge. Ich denke, da werden wir uns vor allem am Mittelmeer herumtreiben.
Und von welchen Reisen träumt ihr?
Reiseträume gibt es noch viele: Südamerika hat es mir sehr angetan und irgendwann möchte ich meinem Sohn Chile und Argentinien zeigen, die ich ohne ihn bereist habe. Südafrika steht jetzt ganz weit oben für die Herbstferien 2017, Skandinavien und Baltikum im Wohnmobil wären mal was für frühe Sommerferien, genau wie Island und die britischen Inseln.
Mit ganz vielen Ländern Asiens, die ich noch gar nicht kenne oder bei unserer Kreuzfahrt nur beschnuppert habe, warte ich auf längere Osterferien. Die USA haben mich neugierig auf mehr gemacht. Irgendwann würde ich auch gern Neuseeland und Australien im Camper erkunden.
Wir sind sicher, dass du noch viele Länder mit deinem Sohn entdecken wirst, Gela – vielen Dank für das Interview!