ReiserechtSicherheit auf Reisen: von Stornierung, Reiserücktritt und „höherer Gewalt“
Der Umbruch in der arabischen Welt verunsichert auch hierzulande viele Menschen – nicht zuletzt, weil Reisen in beliebte Urlaubsländer nun schnell gefährlich werden können. Die wichtigsten Fragen zum Reiserecht.
von KidsAway-Redaktion
Fall 4: Umsturz in Ägypten: Reisewarnung und höhere Gewalt
Als die Unruhen in Kairo und anderen ägyptischen Städten im Sommer 2013 um sich griffen, erweiterte das Auswärtige Amt seine Reisewarnung für Kairo auf ganz Ägypten, also auch die beliebten Ferienziele am Roten Meer. Seit August 2013 gilt die höchste Warnstufe: „von Reisen wird dringend abgeraten“.
Dieser Appell gilt in der Rechtsprechung als wesentliches Indiz für das Vorliegen einer erheblichen Gefahr für das Leben von Reisenden. Das Problem: Die Einstufungen des AA sind in gewisser Weise von wirtschaftlichen und politischen Erwägungen beeinflusst und auch nicht unbedingt trennscharf:
„Reisewarnungen“ sind dringende Aufforderungen, wegen akuter Gefahren nicht in ein Land oder in eine Region zu reisen. „Sicherheitshinweise“ weisen dagegen auf besondere Risiken für Reisende und im Ausland lebende Deutsche hin und raten von nicht unbedingt erforderlichen oder allen Reisen ab. Für beide Arten von Hinweisen übernimmt das Auswärtige Amt ausdrücklich keine Gewähr oder Haftung und legt die Entscheidung, ob man eine Reise dennoch antritt, in die Hände des Einzelnen.

Reisewarnungen und Teilreisewarnungen für einzelne Regionen bestehen derzeit für 24 Staaten weltweit, darunter Ägypten, Japan, Nigeria und Algerien.
Konkrete Empfehlungen und Einschätzungen der Situation vor Ort gibt das www.auswaertiges-amt.de im Internet oder telefonisch unter 01888-174 44 44.
Pauschalreisen nach Ägypten, die für die nächsten Wochen gebucht waren, können auf jeden Fall kostenfrei storniert werden. Noch nicht sicher ist, ob die Gefahrenlage in Ägypten auch noch im Herbst und Winter vorherrschen wird. Bis einschließlich 29. September haben die Reisekonzerne alltours, Thomas Cook, TUI und DER Touristik jedenfalls alle Ägyptenreisen abgesagt. Manche Veranstalter bieten ihren Kunden Ersatzreisen an andere Urlaubsziele an. Das dürfen sie tun, wenn dafür kein Mehrpreis verlangt wird, Reisende müssen ein solches Angebot aber nicht annehmen.
Sagt ein Veranstalter die Reise trotz Vorliegen erheblicher Gefahren nicht selbst ab, können Urlauber ihren Reisevertrag schriftlich kündigen (das umfasst auch Fax und E-Mail). Bereits geleistete Zahlungen oder Anzahlungen müssen dann vollständig zurückerstattet werden, es dürfen auch keine Stornokosten erhoben werden.
Da der Reiseveranstalter in der Regel am besten über die Lage am Reiseziel Bescheid weiß, ist er verpflichtet, seine Kunden vor der Buchung und vor dem Reiseantritt umfassend und aktuell über Gefährdungen zu informieren. Der Reisende hat in solchen Fällen nämlich ein Sonderkündigungsrecht und kann eventuell Schadenersatz für verlorene Urlaubszeit geltend machen – immerhin in Höhe von 50 Prozent des Reisepreises.
Übrigens: Auch fünfjährige Kinder können bereits Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude haben, entschied das Landgericht Frankfurt am Main (Aktenzeichen: 2-24 S 61/10). Und: Auch ohne vorliegende Reisewarnung können Reisende unter Umständen vor Gericht eine Gefährdung geltend machen – entscheidend ist zum einen das Vorliegen „höherer Gewalt“ nach § 651 j BGB und zum anderen die objektive Lage am Reiseziel.
zurückSeite 5/6vorÜbersicht zu diesem Artikel
- Seite 1: Sicherheit auf Reisen: von Stornierung, Reiserücktritt und „höherer Gewalt“
- Seite 2: Fall 1: Vulkanausbruch in Island: höhere Gewalt
- Seite 3: Fall 2: Hochwasser in Deutschland: Reiserücktrittskostenversicherung oder Schadenersatz?
- Seite 4: Fall 3: Demonstrationen in der Türkei: allgemeines Reiserisiko
- Seite 5: Fall 4: Umsturz in Ägypten: Reisewarnung und höhere Gewalt
- Seite 6: Welche Rechte haben Rucksackreisende im Ernstfall?
Ist dieser Artikel lesenswert?
Aktuelle Umfrage
