Sommer-Gewitter10 Blitzschutz-Tipps für euren Sommerurlaub mit Kind

Was ist wahrscheinlicher – ein Sechser im Lotto oder vom Blitz getroffen zu werden? Die Antwort: Beides ist extrem unwahrscheinlich. Aber im Urlaub ist man oft in der Natur unterwegs und kann sich nicht immer ins sichere Haus flüchten. Zehn Blitzschutz-Tipps für euren Sommerurlaub.

von KidsAway-Redaktion


Sommergewitter in Trentino © FlickR/Arnold Unterholzner

Sommergewitter in Trentino

© FlickR/Arnold Unterholzner

Wo blitzt es?

Steigen feuchtwarme Luftmassen in höhere, kältere Luftschichten auf, entstehen Gewitterwolken, die ihre elektrische Spannung mittels einer Blitzentladung wieder abbauen. So ein Blitz erwärmt die Luft auf 20.000° Celsius, das ist heißer als die Oberfläche der Sonne! Klar, dass sich die derart erhitzte Luft explosionsartig ausdehnt – es donnert. Dies passiert besonders oft im Sommer, ist in Städten wahrscheinlicher als auf dem Land und an der Küste seltener als im Gebirge. Am häufigsten blitzt und kracht es in Deutschland im Schwarzwald.

Blitze schlagen nicht wahllos in die Erde, sondern bevorzugt in den höchsten Punkt auf der Erdoberfläche. Beim Wandern, beim Spielen auf Wiesen und in Parks oder auch im Wasser ist die Gefahr, selbst dieser höchste Punkt zu sein, recht hoch – was den Sommerurlaub zur gefährlichsten Zeit macht. Sprecht mit euren Kindern also über die Gefahren eines Gewitters und schärft ihnen die wichtigsten Verhaltensregeln ein, die sie auch dann beachten müssen, wenn sie allein oder mit Freunden unterwegs sind!

 

Zehn Blitzschutz-Regeln

1. Der beste Gewitterschutz ist Gewitter vermeiden

Bemerkt ihr Anzeichen eines entstehenden Gewitters (plötzlich fallender Luftdruck, hoch aufgetürmte, dunkle Kumulonimbus-Wolken, entfernter Donner), brecht Wanderungen und Freibadbesuche ab und sucht Schutz in festen Häusern oder im Auto.

Sagt der Wetterbericht Gewitter an, plant Aktivitäten wie Gebirgswanderungen oder Tagesausflüge ohne Unterstellmöglichkeit gar nicht erst ein und wählt keine Strecken über hohe Grate oder weite Ebenen. Auch ohne explizit angesagte Gewitter solltet ihr im Hochsommer eure Bergwanderungen zeitig beginnen, weil Gewitter meist nachmittags niedergehen. „Sport ist Mord“ gilt bei Gewitter ganz besonders für Wassersportler, Reiter und Golfer – plant solche Ferienaktivitäten also immer mit Blick auf den Wetterbericht!

 

ErfahrungsberichtGewitter international

Wer im Ausland unterwegs ist, der sollte wissen, dass Gewitter auf Englisch „thunderstorm“ heißt, auf Französisch „tempête“, auf Italienisch „tempesta“, auf Niederländisch und Schwedisch „storm“, auf Spanisch „tormenta“, auf Polnisch „burza“, auf Türkisch „fırtına“ und auf Japanisch „arashi“.

 

2. Die Zeit im Auge behalten

Wie viel Zeit ihr habt, bis ein heranziehendes Gewitter euch „erwischt“, könnt ihr mit einer einfachen Faustregel errechnen: Zählt zwischen einem Blitzschlag und dem darauffolgenden Donner (auch wenn es nur leise grummelt!) die Sekunden und teilt diese dann durch 3 (die Schallgeschwindigkeit des Donners beträgt etwa 340 Meter pro Sekunde). Das Ergebnis ist annähernd die Entfernung des Gewitters in Kilometern. Wer diese Messung regelmäßig vornimmt, gewinnt einen Eindruck von der Geschwindigkeit und der Bewegungsrichtung des Gewitters. Abhängig von diesen Informationen müsst ihr entscheiden, wo der sicherste erreichbare Zufluchtsort ist. Zählt ihr weniger als drei Sekunden, kann ein Blitz euch jederzeit treffen!

 

3. Ein Haus ist in der Regel der sicherste Zufluchtsort bei Gewitter

Viele öffentliche Gebäude sind in Deutschland mit Blitzableitern geschützt, eine verpflichtende Vorschrift dazu gibt es allerdings nicht. Schlägt der Blitz in ein Haus ohne Blitzableiter ein, kann es zum Brand kommen – eher saust der Blitz aber durch die Leitungen in die Erde. Von diesen solltet ihr daher bei Gewitter die Finger lassen: nicht duschen oder baden (Wasser leitet Strom!), keine elektrischen Geräte bedienen und bei Oma nicht das altmodische, schnurgebundene Festnetztelefon benutzen! Aufzüge sind bei Gewitter tabu – kommt es zum Kurzschluss, können sie steckenbleiben.

 

4. Ein Auto ist ebenfalls ein sicherer Zufluchtsort

Gewitter während der Fahrt - besser anhalten © FlickR/JMazzolaa

Gewitter während der Fahrt - besser anhalten

© FlickR/JMazzolaa

– so lange kein Baum darauf stürzt. Wer in Physik aufgepasst hat, der weiß, dass der Metallrahmen des Autos einen Faradayschen Käfig bildet, der alle Blitze von den Insassen ableitet. Dafür darf natürlich der Rahmen nicht berührt werden, das müsst ihr euren Kindern einschärfen! Das Fenster darf hingegen ruhig offen bleiben – obwohl das bei Starkregen natürlich nicht ratsam ist.

Achtung, nicht erschrecken: Schlägt der Blitz tatsächlich in euer Auto ein, kann er es unter Umständen stark beschädigen – Reifen oder Stoßstange können Feuer fangen, das Dach kann eingedrückt werden und die Bordelektronik kann verschmoren. Fährt das Auto während des Blitzeinschlags, ist das natürlich extrem gefährlich. Seid ihr mitten in einem Gewitter (Sekunden zählen!), haltet ihr also lieber an, unter einer (Stahlbeton-) Brücke oder notfalls auf dem Standstreifen, damit ihr nach einem Blitzschlag das Auto sicher verlassen könnt.

Ausgezeichnete Faradaysche Käfige sind auch Seilbahngondeln, Eisenbahnwaggons und Wohnwagen bzw. Wohnmobile (mit geschlossenen Fenstern und gekappter Stromversorgung!) – ein Zelt hingegen nicht. Überrascht euch ein Gewitter beim Camping, setzt euch am besten alle ins Auto, bis es vorbei ist. Ohne Auto solltet ihr im Zelt auf möglichst dicken Isomatten hocken, ohne die Zeltwand oder metallenes Gestänge zu berühren. Kluge Camper achten bereits bei der Wahl des Zeltplatzes auf Regel Nr. 6 und vermeiden exponierte Stellen und einzelne Bäume.

 

5. Bauernregeln sind Quatsch!

Ein vom Blitz gesprengter Baum © FlickR/hans s

Ein vom Blitz gesprengter Baum

© FlickR/hans s

Entgegen der Weisheit von den Buchen, die man suchen, und den Eichen, vor denen man weichen soll, ist es dem Blitz egal, welchen Baum er trifft. Nur die Folgen können verschieden aussehen: Schlägt ein Blitz in einen Baum, erhitzt er das darin enthaltene Wasser, das den Baum dann quasi sprengt. Bei einer dicken, knorrigen Eiche, die viel Wasser aufsaugt, sehen die Folgen so einer „Sprengung“ dann eindrucksvoll aus, während ein schlanker, glatter Buchenstamm den Blitz direkt in die Erde leitet.

Steht ihr im Gewitter neben einem solcherart explodierenden Baum, ist es schon fast egal, ob der Blitz vom Baum auf euch überspringt oder ob ihr „nur“ vom Baum erschlagen werdet. Schärft euren Kindern daher ein: Auf keinen Fall bei Gewitter unter Bäume stellen oder daran lehnen! Lieber klitschnass werden und eine Lungenentzündung riskieren.

 

6. Der Blitz sucht sich die höchste Erhebung

Das stimmt zwar nicht immer, ist aber eine gute Faustregel. Vermeidet bei Gewitter unbedingt, selbst die höchste Erhebung zu sein! Aufgespannte Regenschirme, Felder oder Wiesen sind ganz schlechte Ideen, aber auch Wasseroberflächen sind höchst gefährlich. Nicht umsonst ruft der Schwimmmeister bei Gewitter alle Badenden aus dem Wasser. Auf einem Paddel- oder Segelboot ist die Gefahr eines Blitzschlags ebenfalls enorm hoch – nicht jedoch auf einem (metallenen) Schiff, das wiederum wie ein Faradayscher Käfig wirkt.

Werdet ihr in offenem Gelände vom Gewitter überrascht, sucht eine Schutzhütte, in deren Mitte ihr euch auf den Boden hockt (da diese in der Regel keinen Blitzableiter haben). Ansonsten sucht euch möglichst eine Senke im Terrain oder einen großen Felsüberhang – der muss aber wegen der Gefahr eines überspringenden Sekundärblitzes mindestens so groß sein, dass hinter euch noch eine Körperlänge und neben und über euch eine halbe Körperlänge Platz ist. Findet ihr eine Höhle, dann geht mehrere Meter weit hinein – achtet aber darauf, dass ihr nicht bei Starkregen von steigendem Wasser eingeschlossen werden könnt!

Seid ihr nicht die höchste Erhebung, dann haltet euch von dieser fern – nicht nur allein stehende Bäume ziehen den Blitz an, auch Unterstände, Strommasten oder Weidezäune tun das, und wer zu nahe dran ist, auf den kann der Blitz auch überspringen! Die Drahtseile eines Klettersteigs können einen Blitz vom Berggipfel bis ins Tal leiten – hier gilt also, genau wie an feuchten Felswänden oder mit nassen Kletterseilen, höchste Vorsicht!

Glücklich ist, wer bei Gewitter einen sicheren Unterstand hat © Fotolia

Glücklich ist, wer bei Gewitter einen sicheren Unterstand hat

© Fotolia

7. Höchste Erhebungen nutzen

Auch wenn es Wahnsinn ist, bei Gewitter unter einem Baum zu stehen, kann es sehr klug sein, sich einige Meter entfernt davon aufzuhalten. Der VDE empfiehlt: Ist ein Gegenstand mindestens 3 Meter hoch und steht man mehr als einen halben Meter davon entfernt, besteht ein kegelförmiger Schutzradius um diesen Mittelpunkt, der sich von der Spitze des Gegenstandes im 45°-Winkel nach unten um ihn erstreckt. Ein 20 m hoher Fahnenmast bildet also einen Blitzschutz-Kegel von 18 m Radius – mit Ausnahme des Mittelpunkts!

Im Wald, wo viele gleich hohe Bäume stehen, seid ihr bei Gewitter ziemlich sicher. Die Vorsichtsmaßnahme hier: Haltet zu den unteren Ästen so viel Abstand, dass der Blitz von dort aus eher in die Erde geht als auf euch überzuspringen.

 

8. Stillgestanden!

Einschlagende Blitze bauen, auch wenn sie euch nicht direkt treffen, eine Schrittspannung auf: Die Spannung breitet sich mit sinkender Stärke von der Einschlagstelle kreisförmig aus. Das heißt: Wenn ihr gerade einen Schritt macht, werdet ihr Teil eines Stromkreises, Strom fließt durch euren Körper – schlecht. Rennen ist also, sobald es Blitze hagelt, tabu. Experten empfehlen, in die Hocke zu gehen, die Arme eng anzulegen und die Füße möglichst eng nebeneinander zu stellen, ohne sich mit den Händen abzustützen. Wer im Moment des Blitzeinschlags gerade schwimmt, hat die schlechtesten Überlebenschancen: Der Spannungsunterschied über die gesamte Körperlänge führt zu schwersten Verletzungen.

Wichtig: Natürlich wird die Schrittspannung auch „zwischenmenschlich“ übertragen. Auch wenn das Gewitter gruselig ist und ihr alle Angst habt, müsst ihr in dieser Situation daher für euch allein bleiben, nicht dicht nebeneinander stehen und euch vor allem nicht berühren!

 

9. Last-Minute-Maßnahmen

Kinder und Erwachsene bleiben bei Gewitter am besten im Haus © Ennira/Fotolia

Kinder und Erwachsene bleiben bei Gewitter am besten im Haus

© Ennira/Fotolia

Steht der Blitzschlag unmittelbar bevor, liegt Hochspannung in der Luft. Das kann man als Knistern oder Summen hören, Metallteile wie Stahlseile beginnen zu „singen“ und die Härchen an den Armen stellen sich auf. Jetzt habt ihr noch wenige Sekunden Zeit, eine Vertiefung zu suchen, euch von Metall zu entfernen (Stichwort: Fahrrad!), euch auf euren Rucksack oder eine Isomatte zu stellen und die Blitzschutz-Haltung einzunehmen: mit zusammengerückten Beinen in der Hocke. Je besser ihr nach unten isoliert seid, desto weniger schadet euch die Schrittspannung rund um Einschlagstelle; gegen einen direkten Treffer nützt das allerdings wenig.

 

10. Keine Panik

Wer direkt vom Blitz getroffen wird, hat eine Überlebenschance von 50:50. Gegen die auftretenden Verbrennungen, den Herzstillstand und der Schock könnt ihr die üblichen Erste-Hilfe-Maßnahmen bedenkenlos anwenden – der Blitz hat den Körper des Getroffenen nach spätestens 2 Sekunden verlassen. Viele überstehen einen direkten Blitzschlag oder einen Einschlag in bis zu zehn Meter Entfernung ohne größere Schäden, weil der starke Strom nur über die Haut zu Boden rast. Der Amerikaner Roy Sullivan wurde siebenmal vom Blitz getroffen und überlebte.

 

 


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Kommentar als Gast schreibenKommentar (1)

  • geralde

    Danke fuer die Aufklaerung ueber Blitze. So gut erklaert habe ich es noch nirgends gelesen – und das mit 77… Heisst schon was!

    Antworten | 28. April 2017

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