KidsAway.de-ReisefamilieAbstecher nach Bosnien-Herzegowina: Besuch an einem umstrittenen Wallfahrtsort
Verena und ihre Familie sind mit einem Wohnwagen in Europa unterwegs - ohne festes Ziel und ohne Zeitbegrenzung. In ihrer monatlichen Kolumne berichtet sie über einen Besuch des Wallfahrtsortes Medjugorje, der die "travelfamily" sehr beeindruckt hat.
von KidsAway-Redaktion
Mit Kindern an einen Wallfahrtsort reisen - konnte das gutgehen?
© travelfamily.de
Ein Abstecher nach Bosnien-Herzegowina musste aber sein, denn wir wollten unbedingt Medjugorje sehen. Meine Großeltern haben mir früher Geschichten von der Marienerscheinung dort erzählt, und auch meine Mutter war vor etwa 30 Jahren schon einmal da gewesen.
Vorab: Wir sind zwar katholische Christen, aber weder Sonntagskirchgänger noch beten wir mit unseren Kindern täglich. Als bei unserem Ältesten die Erstkommunion anstand, haben wir sie abgelehnt. Nicht, weil wir das als unwichtig empfunden hätten, sondern weil wir dem „Vorbereitungszirkus“ aus dem Weg gehen wollten: dem Wettbewerb um die höchste Kommunionstorte oder die tollste Foto-Location und auch dem Geschenkewahn.
Sobald unsere Jungs verstehen, dass es hier nicht nur um Geschenke geht, werden wir nach einem Pfarrer suchen, der unseren Kindern während eines Sonntagsgottesdienstes die erste Heilige Kommunion erteilt.
Medjugorje ist ein – inoffizieller – christlicher Wallfahrtsort. Am 24. Juni 1981 sahen sechs Jugendliche dort auf einem Hügel eine unglaublich schöne junge Frau mit einem kleinen Kind in ihren Armen. In den folgenden Jahren empfingen diese sechs Kinder (die inzwischen Erwachsene sind) immer wieder Botschaften von dieser Erscheinung, die sich selbst „Heilige Jungfrau Maria“ und „Muttergottes“ nennt – angeblich, denn die Echtheit der Erscheinungen wird von der katholischen Kirche angezweifelt.
Dennoch besuchen jährlich etwa eine Million Pilger den kleinen Ort, der die meisten Übernachtungen in ganz Bosnien-Herzegowina verzeichnet und zu den bekanntesten katholischen Wallfahrtsorten Europas geworden ist.
Ob wir in Medjugorje, einem Wallfahrtsort, als junge Familie erwünscht sein würden, darüber waren wir vorher nicht sicher. Immerhin rechneten wir mit vielen anwesenden Gläubigen, die sich vielleicht durch „Kinderjodeln“ gestört fühlen könnten.
Viele Gläubige pilgern hinauf zum Erscheinungsberg
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Wir sind allerdings am richtigen Parkplatz vorbeigefahren und direkt am Kreuzwegsberg (der 520 Meter hoch ist) angekommen. Da wir uns vorher nicht über die Gegebenheiten vor Ort informiert hatten, wussten wir zu dem Zeitpunkt aber nicht, dass wir hier falsch waren.
Voller Elan stiefelten wir los und waren mehr als überrascht, wie steil und felsig der Aufstieg war. Es schien uns unvorstellbar, dass dieser Hügel auch von Menschen bestiegen wird, die sich kaum auf den Beinen halten können.
Bei unserer Wanderung waren wir absolut allein. Erst als wir nach ein paar Minuten ganz oben das weiße Gipfelkreuz sahen, merkten wir, dass wir am falschen Berg waren. Da wir aber diesen sowieso auch besuchen wollten, kehrten wir nicht um. Wir hatten unseren zweijährigen Maximilian in der Rückentrage, Julian und Benjamin kletterten gekonnt Meter für Meter nach oben. Für mich war es wirklich die größte sportliche Herausforderung, an die ich mich erinnern kann!
Insgesamt kletterten wir 1,5 Stunden. Mittlerweile wurde es bereits dunkel. Gut, dass ich nicht nur Verpflegung, sondern auch Taschenlampen und Stirnlampen eingepackt hatte. Wir waren die einzigen, die sich in der Dunkelheit auf den Weg gemacht hatten. Eigentlich nicht verwunderlich, denn die Strecke erwies sich nachts tatsächlich als noch gefährlicher.
Nachtblick auf Medjugorje vom Kreuzwegsberg
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In den nächsten Tagen schlenderten wir immer wieder gemütlich zum Kirchplatz, dem Kreuzweg und der St. Jakobus-Kirche. Medjugorje war für uns ein „Kraftort“, obwohl wir weder an einem Gottesdienst noch an den diversen Gebetsstunden teilnahmen.
Aber irgendwie gehörte es für uns zu einem Besuch in Medjugorje dazu, beide Berge zu besteigen: den Podbrdo („Berg der Marienerscheinungen“) und den Križevac („Kreuzwegsberg“).
Auch der etwa 30-minütige Aufstieg zum Erscheinungsberg hat sich für uns gelohnt. Aber Vorsicht: Obwohl sich täglich unzählige Pilger auf dem Weg hier hinauf machen, ist die Strecke zum Erscheinungsberg genau wie der Weg zum Kreuzwegsberg äußerst steinig, uneben und bei Regen sehr rutschig. Es gibt weder ein Geländer noch Ruhebänke oder wenigstens Teilstrecken mit befestigtem Untergrund.
Unsere Empfehlung: Macht euch nicht ohne Handy auf den Weg hinauf! Schnell kann man sich den Fuß vertreten oder man braucht länger als gedacht und es bricht die Dunkelheit herein.
Abseits der Sehenswürdigkeiten – Reise-Erlebnisse, die im Gedächtnis bleiben
Was uns in Medjugorje am meisten beeindruckte, war jedoch die unglaubliche Hilfsbereitschaft der Mitcamper an unserem Stellplatz. Wir waren kaum angekommen, als uns jemand beim Wasserauffüllen behilflich war. Eine sehr nette Frau kam ein paar Stunden später vorbei und brachte den Jungs Malpapier und Stifte, obwohl wir zuvor nicht ein einziges Wort gewechselt hatten. Auch morgens, wenn die Kinder bereits um 7 Uhr draußen vor dem Wohnwagen spielten, hatten wir nie das Gefühl, dass sie leise sein müssten.
Ein Nachbar schenkte uns Unmengen an DVDs, als wir ihm erzählten, dass wir uns erst in die Geschichte von Medjugorje einlesen müssten. Von einem abreisenden Ehepaar bekamen wir kleine Marienbilder als Andenken, ein Mann brachte uns vom Markt eine Wassermelone mit.
Religiöse Orte finden sich in Medjugorje überall
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Wir wussten zunächst überhaupt nicht, wie wir darauf reagieren sollten. So eine innige Art des Miteinanders haben wir in unserer bisherigen Reiselaufbahn noch nie erlebt. Medjugorje hat uns allein deshalb sehr gefallen und war den Umweg absolut wert.
Jeder von uns hat für sich ein kleines Stück mitgenommen, auch wenn wir deswegen vielleicht keine „besseren“ Christen geworden sind. Fasziniert haben uns vor allem die Hilfsbereitschaft, die Großzügigkeit und die Tatsache, dass sich fremde Menschen unendlich viel Zeit für unsere Jungs genommen haben.
Mal bekamen sie von einer Familie ein Vokalbelheft und lernten einige Wörter in Kroatisch, ein anderes Mal spielten andere Camper mit Maxi unermüdlich Fußball. Wir haben uns tatsächlich ein paarmal Zeit nehmen können, ganz entspannt zu zweit einen Kaffee zu trinken, was sonst eher eine Seltenheit ist.
Ich kann mir gut vorstellen, wenn wir einmal wieder in Kroatien sind, Medjugorje noch ein weiteres Mal zu besuchen!