Hilfe für überlastete ElternEltern-Kind-Kur – kein Urlaub auf Krankenschein!

Eltern sind oft gestresst, vor allem berufstätige Mütter. Wenn die Kinder klein sind oder an Krankheiten leiden, ist Erholung im Urlaub meist Fehlanzeige. Um Überlastung und Burnout vorzubeugen, können Mütter und Väter spezielle Kuren beantragen – wir sagen euch, wie das geht.

von KidsAway-Redaktion

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Stress und Überlastung können sich auf die ganze Familie auswirken © spwidoff - Fotolia.com

Stress und Überlastung können sich auf die ganze Familie auswirken

© spwidoff - Fotolia.com

Deutschen Müttern geht es schlecht – von den 44.000 Frauen, die im letzten Jahr in Mutter-Kind-Kuren behandelt wurden, litten über 80 Prozent an tiefer Erschöpfung, Burnout und psychischen Störungen. Von den 64.000 Kindern, die ihre Mamas auf Kur begleiteten, waren etwa drei Viertel ebenfalls krank.

Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, denn Eltern-Kind-Kuranträge werden von den Krankenkassen seit Jahren eher zögerlich bewilligt. Laut Anne Schilling, Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks, würden 20 Prozent der Mütter in Deutschland gern eine Kur machen, um endlich mal Luft holen zu können.

Die häufigsten Gründe für eine Kur waren nach einer Studie des Müttergenesungswerks im Jahr 2011 die hohe Belastung durch Familieneinsatz, Haushalt und finanzielle Sorgen. Die meisten Mütter litten unter Mehrfacherkrankungen: Vor allem Rückenprobleme und psychosomatische Erkrankungen machten ihnen zu schaffen. 34 Prozent der Mütter waren außerdem alleinerziehend.

Mütter, die neben dem Beruf die Familienarbeit stemmen oder auch ganz allein den Haushalt schmeißen, während ihr Partner im Beruf unabkömmlich ist, schultern häufig eine große Last an Arbeit und Verantwortung, ohne dafür Anerkennung oder Ausgleich zu bekommen. Die Überforderung kann sich zu psychischen und körperlichen Beschwerden auswachsen, welche sich wiederum auf die Gesundheit der Kinder auswirken.

 Eine Eltern-Kind-Kur ist doch Urlaub auf Krankenschein!

 

 „Eine Eltern-Kind-Kur, das ist doch Urlaub auf Krankenschein!“, spotten viele und verunsichern gestresste Eltern damit zusätzlich. Muss man sich dafür schämen, gemeinsam mit seinen Kindern eine Kur zu machen? Wird die Zeit auf Kur vom Urlaubsanspruch abgezogen? Und bringt so eine gemeinsame Kur überhaupt etwas – wenn doch die Urlaube mit den Kindern vor allem anstrengend und stressig sind?

Keine Mutter und kein Vater muss sich dafür schämen, eine Kur zu benötigen, sie zu beantragen und erst recht nicht, sie zu machen. Statt Urlaub mit Kurschatten gibt eine gute Kur euch qualifizierte Unterstützung bei der Bewältigung gesundheitlicher, persönlicher und familiärer Probleme. Mit der Hilfe von Ärzten, Therapeuten und anderen qualifizierten Fachleuten kümmert ihr euch dort aktiv um eure Gesundheit und die eurer Kinder. Das kann durchaus anstrengend sein!

 

Was ist eine Eltern-Kind-Kur?

Eine Auszeit vom Alltagsstress haben viele Mütter dringend nötig © nadezhda1906 - Fotolia.com

Eine Auszeit vom Alltagsstress haben viele Mütter dringend nötig

© nadezhda1906 - Fotolia.com

Die Eltern-Kind-Kur, oft auch Mutter-Kind-Kur oder salopp MuKiKu genannt, ist eine von der Krankenkasse finanzierte medizinische Leistung, die im Normalfall mit drei Wochen veranschlagt ist. In dieser Zeit erhält der Kurgast – ob Vater oder Mutter – professionelle Unterstützung in Form von Gesprächen, einem Bewegungsprogramm, Ernährungsberatung, Entspannungsverfahren und anderen Behandlungen.

An den Wochenenden gibt es keine Behandlungen, dann ist Zeit für eigene Unternehmungen oder das Freizeitprogramm der Kurklinik. In dieser Zeit können Mama und Kinder auch Besuch vom Papa bekommen (oder andersherum).

Ist die Kur eine Vorsorgemaßnahme, sollen vor allem Risikofaktoren wie Übergewicht oder psychische Probleme positiv beeinflusst werden. Bei Rehabilitationsmaßnahmen wird dem Kurgast dabei geholfen, einen bereits bestehenden gesundheitlichen Schaden zu verringern oder mit seinen Folgen auf Dauer zurechtzukommen.

 

Warum ist es eine Eltern-Kind-Kur?

Da Mütter und Väter sich im Regelfall um ihre Kinder kümmern müssen und diese nicht über drei Wochen in Fremdbetreuung lassen können (und wollen!), dürfen diese mit zur Kur gebracht werden – auch, wenn sie selbst gesund sind. Bei vielen Kindern besteht aber ebenfalls Behandlungsbedarf – meist leiden sie an Atemwegserkrankungen, Verhaltensstörungen, Hautkrankheiten und Störungen des Bewegungsapparats.

 

TippNicht ohne ärztliches Attest
Achtung, Mütter, vor allem aber Väter: Wollt ihr euer Kind mit zur Eltern-Kind-Kur nehmen, muss ein ärztliches Attest bestätigen, dass das Kind von eurem Partner nicht versorgt werden kann ODER unter einer Trennung von euch zu sehr leiden würde.

 

Sind eure Kinder schon schulpflichtig, seid ihr übrigens nicht auf die kostbare Ferienzeit beschränkt; auch während der Schulzeit ist es möglich, gemeinsam mit Mama oder Papa zur Kur zu fahren. Die Kurkliniken bieten dafür zwei bis drei Unterrichtsstunden täglich an, in den „Wissenserhalt“ betrieben wird. Die Klassenlehrerin gibt euch dafür einen „Schulbogen“ mit Themen und Aufgaben mit, den euer Kind während der Kur dann abarbeiten muss.

 

Wer hat Anspruch auf eine Eltern-Kind-Kur?

Auch bei Problemen in Partnerschaft und Erziehung kann eine Kur helfen © goodluz - Fotolia.com

Auch bei Problemen in Partnerschaft und Erziehung kann eine Kur helfen

© goodluz - Fotolia.com

Zunächst einmal alle Personen, die sich um die Erziehung von Kindern kümmern: Mütter, Väter, aber auch Großeltern. Eine Kurmaßnahme wird dann empfohlen, wenn sich ein ärztlich diagnostiziertes Gesundheitsproblem durch eine Reha-Maßnahme (§ 41 Sozialgesetzbuch V) oder eine Vorsorgekur (§ 24 SGB V) verbessern oder geheilt werden kann. Dazu muss eine stark beeinträchtigende Mehrfachbelastung durch Familie, Beruf oder auch die Pflege von Angehörigen kommen (was bei Alleinerziehenden meist per se schon gegeben ist). Auch bei einer erhöhten Belastung durch häufige Krankheiten der Kinder oder Verhaltensauffälligkeiten wird eine Kurmaßnahme empfohlen.

Risikofaktoren wie starkes Übergewicht, Bewegungsmangel oder ungesunde Ernährung sind ebenfalls wichtige Indikatoren für die Notwendigkeit einer Kur, da sie Gesundheitsprobleme verstärken können. Wird die Beziehung zum Kind durch diese erhöhten Anforderungen belastet, ist eine Kur erst recht angezeigt.

Im Gespräch mit eurem Arzt solltet ihr auch darauf hinweisen, wenn es Probleme in der Partnerschaft oder in der Erziehung gibt, ihr unter starkem Zeitdruck oder finanziellen Sorgen leidet, arbeitslos oder aber im Beruf überlastet seid. Auch beengte Wohnverhältnisse oder suchtkranke Angehörige können euer Krankheitsbild beeinflussen und zu einer Kurzusage nach § 41 SGB V führen.

Natürlich haben Väter die gleichen Rechte auf eine Kurmaßnahme wie Mütter, auch wenn sie das bisher nur selten einfordern (98 Prozent der Kurgäste sind Mütter). Neben Belastungen, die alle Eltern betreffen, wie Erschöpfung und chronischen Krankheiten, leiden Väter vor allem zu Depressionen und Rückenbeschwerden, die oft psychosomatischer Natur sind.

Gute Vater-Kind-Kliniken sind keine reinen Männeranstalten, sie bieten aber spezifisch Väter- bzw. männerspezifische Behandlungsansätze für ihre Gäste an, wie zum Beispiel die Beratung und Behandlung durch männliche Therapeuten und der Fokus auf individuelle Einzelgespräche, da sich viele Männer schwer tun, sich psychische Belastungen einzugestehen.

 

Wie und wo beantrage ich eine Eltern-Kind-Kur?

Zunächst braucht ihr ein Antragsformular für eine Kur, das euer Arzt ausfüllen muss. Beim Kinderarzt bekommt ihr ein Attest für eure Kinder, wenn diese euch begleiten sollen. Habt ihr keinen Kinderarzt, kann auch dies der Hausarzt oder ein Facharzt machen.

Bittet euren Arzt, ein möglichst ausführliches Gutachten zu erstellen, in dem genau beschrieben wird, an welchen Belastungen und Krankheiten ihr und eventuell eure Kinder leiden. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Antragsbewilligung. Wichtig: Es muss deutlich werden, dass ihr dringend aus eurem Alltag heraus müsst, damit sich euer Zustand bessert oder nicht noch mehr verschlechtert.

Die ausgefüllten Anträge schickt ihr an eure Krankenversicherung. Alle gesetzlichen Krankenkassen und auch private Krankenversicherungen im Basistarif übernehmen die Kosten für eine Eltern-Kind-Kur und auch die Fahrtkosten; ihr zahlt einen Eigenanteil von 220 Euro zu. Kinder sind generell von Zuzahlungen befreit.

 

ErfahrungsberichtFinanzielle Unterstützung beantragen

Wenn ihr ein sehr geringes Einkommen habt, zum Beispiel Arbeitslosengeld II, könnt ihr bei eurer Krankenkasse einen Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen stellen: Dann zahlt ihr am Jahresbeginn 82,80 Euro (die maximale Höhe eurer Selbstbeteiligung, gemessen am Jahreseinkommen) und seid damit von allen weiteren Zuzahlungen befreit – auch von der MuKiKu-Zuzahlung.

Beim Müttergenesungswerk könnt ihr außerdem einen Antrag auf finanzielle Unterstützung stellen.

 

Privat Krankenversicherte brauchen meist eine Zusatzversicherung, wenn sie eine Mutter-Kind-Kur beantragen wollen. Gut zu wissen: Seit 2004 sind Mutter-Kind-Kuren als Rehabilitationsmaßnahmen beihilfefähig. Wenn ihr also von eurem Arbeitgeber Beihilfe für medizinische Behandlungen erhaltet, übernimmt die PKV die Kurkosten.

Ein Zimmer in der Mutter-Kind-Kurklinik Baabe auf Rügen © AWO Sano GmbH

Ein Zimmer in der Mutter-Kind-Kurklinik Baabe auf Rügen

© AWO Sano GmbH

Innerhalb von drei bis fünf Wochen muss eure Krankenkasse über den Antrag entscheiden. Hat sich nach Ablauf dieser Zeit niemand bei euch gemeldet, gilt euer Kurantrag als genehmigt.

Die Krankenkassen bewilligen jedes Jahr etwa 80.000 Anträge auf Eltern-Kind-Kuren. Das klingt viel, bedeutet aber das Gegenteil: Über ein Drittel der Anträge werden abgelehnt, obwohl sie vom Arzt unterstützt werden. Das ist vor allem deshalb frech, weil die Gesundheitsreform von 2007 die Krankenkassen dazu verpflichtet hat, Müttern und Vätern medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen zu gewähren.

Der beliebteste Trick der Kassen: Sie bieten Wahltarife an, die Eltern-Kind-Kuren aus ihrem Leistungskatalog ausschließen. Achtet also genau darauf, welche Leistungen euer Tarif beinhaltet. Immerhin: Seit 2012 sind die Richtlinien für die Krankenkassen neu gefasst worden, um mehr Transparenz in den Bewilligungsprozess zu bringen, und seitdem steigt der Anteil bewilligter Eltern-Kind-Kuren wieder.

Eltern, deren Antrag auf eine Kurmaßnahme abgelehnt wird, raten Experten daher, auf jeden Fall Widerspruch einzulegen.

ErfahrungsberichtEltern-Kind-Kur beantragen
Das Antragsformular könnt ihr unter der Rufnummer 0800 223 23 73 bestellen oder auf den Seiten des Mutter-Kind-Hilfswerks herunterladen.

 

… und was ist mit meinen Urlaubstagen?

Eine Kur ist im Prinzip dasselbe wie ein Krankenhausaufenthalt: eine stationäre medizinische Maßnahme. Lasst euch also keinen Unsinn erzählen – als Arbeitnehmer müsst ihr für eine Eltern-Kind-Kur keinen Urlaub nehmen. Im Gegenteil: Euer Arbeitgeber muss euch für die Dauer der Kur freistellen und euer volles Gehalt weiterzahlen (§ 9 Entgeltfortzahlungsgesetz).

Fairerweise solltet ihr euren Chef natürlich möglichst früh über eure Kur informieren; am besten, sobald euer Antrag genehmigt wurde. Danach habt ihr etwa drei bis vier Monate Zeit, um eure Kur anzutreten.

ErfahrungsberichtWebtipp
Viele Informationen, Erfahrungsberichte und Bilder zu über 165 Kurkliniken in Deutschland findet ihr im Forum Mutterkindkur.de.

 

Wie finde ich die richtige Klinik?

Die Mutter-Kind-Kurklinik Hotzenplotz im Schwarzwald © Mutter-Kind-Kurklinik Hotzenplotz

Die Mutter-Kind-Kurklinik Hotzenplotz im Schwarzwald

© Mutter-Kind-Kurklinik Hotzenplotz

Es gibt weit über 100 Kurkliniken in Deutschland, die meisten in landschaftlich schönen Gegenden. Wohin soll man also fahren, wenn der Antrag auf eine Eltern-Kind-Kur bewilligt wurde? Die Auswahl ist groß, aber eine Kurmaßnahme, bei der man sich nicht wohl fühlt oder vielleicht sogar auf die passenden Behandlungen verzichten muss, macht keinen Sinn und bringt nur noch mehr Stress.

Beim Aussuchen der Kurklinik habt ihr ein Wunsch- und Wahlrecht, überlegt also gut, wofür ihr euch entscheidet. Wichtig ist natürlich zunächst, ob die gewünschte Klinik in dem Zeitraum, den ihr bewilligt bekommen habt, überhaupt freie Plätze hat. Schulferien sind dabei generell sehr beliebte Termine, die ihr nach Möglichkeit meiden solltet.

Die folgende Checkliste soll euch die Suche nach der für euch passenden Klinik erleichtern:

  • Werden Mütter oder Väter in der Kurklinik aufgenommen?
  • Wie lang und kompliziert ist die Anfahrt?
  • Wie aufwendig wird es für euren Partner oder eure Partnerin sein, euch zwischendurch zu besuchen?
  • Herrscht am Kurort ein besonderes Reizklima, das für eure Behandlung bzw. die eures Kindes wichtig oder im Gegenteil kontraproduktiv ist?
  • Welche Behandlungen werden in der Klinik angeboten?
  • Ab welchem Alter werden Kleinkinder mit aufgenommen?
  • Ab welchem Alter werden Kinder betreut (auch außerhalb der Behandlungszeiten der Eltern)?
  • Wie viele Eltern mit Kind werden in der Kurklinik gleichzeitig aufgenommen?
  • Wie oft wechseln die Kurgänge und damit die Kurgäste – werden alle gleichzeitig aufgenommen oder kommen jede Woche neue?
  • Wie sehen die Unterkünfte aus, gibt es ein Familienbett?
  • Wie wird das Essen eingenommen – mit oder ohne Kind, im Speisesaal oder auf dem Zimmer? Werden Eltern mit Kleinkindern besonders berücksichtigt?
Leserfrage: Habt ihr auch schon eine Eltern-Kind-Kur gemacht? Welche Erfahrungen und Tipps könnt ihr anderen LeserInnen geben? Wir sind gespannt auf eure Kommentare!
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