KidsAway Familien-InterviewDie Reise-Profis – mit Teenagern unterwegs
Gabi und ihre Familie sind, was das Reisen betrifft, richtig „alte Hasen“ – sie reisen schon seit über zehn Jahren durch die Welt, meistens im Wohnmobil. Ihre faszinierenden Fotos habt ihr bestimmt schon im einen oder anderen Reisemagazin gesehen!
von KidsAway-Redaktion

Der Weg ist das Ziel!
© Gabi Reichert

Gabi: Wir sind eine reise- und fotografiebegeisterte Familie mit drei Kindern – inzwischen Jugendlichen. Wir sind gern zusammen, wir reisen gern gemeinsam, wir lernen auch gern zusammen. Seit 12 Jahren schreiben und fotografieren wir für Magazine, Kalender und Bücher. Vor zwei Jahren gab mein Mann seinen Job auf, so dass wir uns jetzt ganz dem Reisen und Fotografieren widmen können. Hauptgrund für diese Entscheidung war jedoch das Wohlergehen der Kinder. Nun verbringen wir mehr als sechs Monate im Jahr gemeinsam auf Reisen und genießen es jeden Tag mehr.
Wie seid ihr als Familie zum Reisen gekommen?
Schon vor den Kindern waren wir viel unterwegs, mit ganz normalen Jobs und sechs Wochen Urlaub pro Jahr. Als die Kids auf die Welt kamen, pausierten wir mit den langen und weiten Reisen, doch als unsere Jüngste eineinhalb Jahre alt war, zog es uns wieder in die Ferne. Vor allem die Aussicht, dass wir künftig auf die Schulferien beschränkt sein würden (die Jungs waren da schon drei und fünf), veranlasste uns, Fernziele in Angriff zu nehmen. So starteten wir für ganze drei Monate in die USA und nach Kanada. Das klappte nach zwei schwierigen Wochen der Eingewöhnung ganz wunderbar. Es war sehr gut, dass wir so viel Zeit hatten, sonst hätte eindeutig der Stress überwogen.

Noah fand die Palmen auf Rarotonga besonders gut
© Gabi Reichert
Das klingt ja herrlich – sozusagen Ganzjahresurlaub?
Die Reisen sind anstrengend, weil wir ja auch arbeiten. Das unterschätzt unser Umfeld oft.
Ihr seid ja so oft unterwegs, da braucht ihr sicherlich kaum noch Vorbereitung, oder?

Leuchttürme und Kinderporträts gehen gut zusammen
© Gabi Reichert
Erzählt doch mal von einem typischen Tag auf Reisen, eurem Alltag sozusagen?

Gemeinsam Berge bezwingen – mit Jugendlichen besonders aufregend
© Gabi Reichert
Auf unserer letzten Reise (vor ein paar Tagen waren wir noch in Schottland) verteilten wir Aufgaben für unseren Reiseblog. Je nach Interesse recherchierten die Kids entweder über die Regionen, Flora und Fauna, Bauwerke wie Leuchttürme oder schottische Geschichte. Vor allem an Regentagen, die man im Norden nun mal hat, waren alle damit beschäftigt, Text über diese Themen zu verfassen. Der Blog ist ein richtiges Gemeinschaftsprojekt. Mittags wanderten wir entlang der Küste und erkundeten gute Foto-Locations für den Abend. Küsten ziehen uns schon seit Jahren magisch an. Wir könnten stundenlang dort verweilen, die Gezeitenbecken erkunden, den Wellen zuschauen, Steine suchen …

Garnelen im französischen Watt - Amy wundert sich
© Gabi Reichert
Gibt es etwas, was ihr am Reisen nicht mögt?
Das Einpacken und Auspacken. Amy meinte einmal: „Ach, diesmal sind wir ja nur sechs Wochen weg, da ist das Packen ja ganz einfach, da brauchen wir ja fast gar nichts!“ Stimmt leider nicht. Auch für kürzere Reisen ist das immer ein ziemlicher Aufwand. Nicht wegen der „normalen“ Reiseutensilien, sondern wegen der Fotoausrüstung und der Literatur. Auf den längeren Reisen verfassen wir ja unterwegs auch unsere Reisereportagen und versenden sie an Magazine.
Gibt es Punkte, wo ihr an eure Grenzen stoßt? Was gibt euch die Kraft, dann weiterzumachen?
Wir sind nur einmal an unsere Grenze gekommen: als die drei in den USA ganz unterschiedlich auf die Zeitverschiebung reagierten. Mehr als eine Woche war ständig eines der Kids wach, wir hatten massiven Schlafentzug. Doch dann regulierte es sich urplötzlich und wir konnten den Rest der Reise genießen. Wenn so anstrengende Dinge passieren, dann heißt es jetzt: Augen zu und durch, es wird besser! Optimismus muss sein, und die übelsten Geschichten sind nachher die besten Reiseerinnerungen: ob Lebensmittelvergiftung in der Südsee, Koffer in Texas verloren oder Wohnmobilpanne auf der Isle of Skye in Schottland …
Was würdest du nach zwölf Reisejahren als Highlights bezeichnen?

Eishotel auf dem Weg zu den Lofoten
© Gabi Reichert
Könnt ihr einschätzen, was eure Kinder von den vielen Reisen mitnehmen?
Wir haben uns bewusst wegen der Kinder dafür entschieden. Heute haben sie keine Angst, auf andere Menschen zuzugehen, denn sie haben andere Kulturen kennengelernt und keine Berührungsängste. Auch die Freundschaften mit ihren Freunden daheim sind intensiver geworden. Die Zeit, die wir in Deutschland sind, nutzen wir bewusster. Beim Reisen im Wohnmobil wird man sich der Ressourcen viel bewusster, wir verschwenden zum Beispiel kein Wasser und sparen Energie. Unsere Kinder sind mit wenigen materiellen Dingen glücklich, zu viel finden sie teilweise richtig belastend. Sie wissen, dass sie auch mit wenig gut auskommen und dass unnötiger Konsum eher kontraproduktiv für die Zufriedenheit ist.

Mit der Walforscherin Heike Vester suchen wir Wale und finden Plankton
© Gabi Reichert
Sicherlich hat das Reisen mit Kindern auch Schattenseiten?
Es ist wunderbar, so viel Zeit gemeinsam zu verbringen. Die Erlebnisse, auch, wenn sie teilweise anstrengend sind, verbinden uns sehr. Aber wir bemerken natürlich auch, dass es sehr teuer werden kann, mit fünf Personen zu reisen. Oft zahlen wir auf Campingplätzen wesentlich mehr als Paare. Auch Ausflugstouren, etwa Bootsfahrten zu Walen oder Vogelinseln, gehen richtig ins Geld. Ganz zu schweigen davon, drei Teenager durchzufüttern, die den ganzen Tag durch die Natur gewandert sind.
Welches Land würdet ihr als am besten geeignet fürs Reisen mit Kindern empfehlen?

Megafrischer Dorsch, selbst gefangen im Zodiac
© Gabi Reichert
Was würdet ihr als Langzeit-Reiseprofis anderen Familien empfehlen?
Solange die Kids noch klein sind, Fernreisen machen! Später wird es viel teurer. Bekannte Orte auch mal zu ungewöhnlichen Zeiten bereisen. Wir waren zum Beispiel im Februar, während der eisigen Kälte ein paar Wochen in Dänemark. Schneebedeckte Dünen und Eis auf dem Meer, mal was ganz anderes!
Was habt ihr in den nächsten Jahren so vor?
Wir würden gern mal wieder eine längere Reise weiter weg unternehmen, konkret haben wir allerdings noch keinen Plan. Sehr gern würde ich mal eine Kanu-Tour machen oder reiten, also eine neue Reiseart ausprobieren. Jetzt, wo der Nachwuchs selbständig genug ist, können wir auch mal was Außergewöhnliches, Abenteuerliches unternehmen.
Wenn eine Fee mit drei Wünschen käme: Was ist euer Reise-Traum?

Seltenes Foto - alle 5 Reicherts zusammen in Schottland
© Gabi Reichert
Wir haben eine Weltkarte auf dem Tisch, beim Essen reisen wir ständig mit dem Finger. Schick doch die gute Fee bei uns vorbei, da fällt uns sicher noch ganz viel ein:-)
Alles klar, wir sagen ihr Bescheid! Danke für das Interview, Gabi!
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