Außergewöhnliche Familien auf ReisenKidsAway Familien-InterviewDie Reise-Profis – mit Teenagern unterwegs

Gabi und ihre Familie sind, was das Reisen betrifft, richtig „alte Hasen“ – sie reisen schon seit über zehn Jahren durch die Welt, meistens im Wohnmobil. Ihre faszinierenden Fotos habt ihr bestimmt schon im einen oder anderen Reisemagazin gesehen!

Teil 4 von 15 der Serie Außergewöhnliche Familien auf Reisen

von KidsAway-Redaktion


Der Weg ist das Ziel! © Gabi Reichert

Der Weg ist das Ziel!

© Gabi Reichert

Informationen zur Reise

Reiseziel: Weltreise
Reiseroute: weltweit
Reisedauer: fortlaufend
Teilnehmer: 2 Erwachsene, 1 großes Kind, 2 Teenager
Frage KidsAway: Gabi, euer Blog heißt „Die fünf Reicherts“ – wer seid denn ihr fünf?

Gabi: Wir sind eine reise- und fotografiebegeisterte Familie mit drei Kindern – inzwischen Jugendlichen. Wir sind gern zusammen, wir reisen gern gemeinsam, wir lernen auch gern zusammen. Seit 12 Jahren schreiben und fotografieren wir für Magazine, Kalender und Bücher. Vor zwei Jahren gab mein Mann seinen Job auf, so dass wir uns jetzt ganz dem Reisen und Fotografieren widmen können. Hauptgrund für diese Entscheidung war jedoch das Wohlergehen der Kinder. Nun verbringen wir mehr als sechs Monate im Jahr gemeinsam auf Reisen und genießen es jeden Tag mehr.

 

Frage Wie seid ihr als Familie zum Reisen gekommen?

Schon vor den Kindern waren wir viel unterwegs, mit ganz normalen Jobs und sechs Wochen Urlaub pro Jahr. Als die Kids auf die Welt kamen, pausierten wir mit den langen und weiten Reisen, doch als unsere Jüngste eineinhalb Jahre alt war, zog es uns wieder in die Ferne. Vor allem die Aussicht, dass wir künftig auf die Schulferien beschränkt sein würden (die Jungs waren da schon drei und fünf), veranlasste uns, Fernziele in Angriff zu nehmen. So starteten wir für ganze drei Monate in die USA und nach Kanada. Das klappte nach zwei schwierigen Wochen der Eingewöhnung ganz wunderbar. Es war sehr gut, dass wir so viel Zeit hatten, sonst hätte eindeutig der Stress überwogen.

Noah fand die Palmen auf Rarotonga besonders gut © Gabi Reichert

Noah fand die Palmen auf Rarotonga besonders gut

© Gabi Reichert

Danach ging es für drei Monate nach Neuseeland und in die Südsee, auch das war ein voller Erfolg und die Fotografie nahm immer mehr Raum ein. Als unser Ältester eingeschult wurde, reisten wir mehr in Europa, meist mit dem Wohnmobil (in den USA und Neuseeland sind wir da auf den Geschmack gekommen). 2009 starteten wir ein Experiment: Wir nahmen ein sechsmonatiges Sabattical und schauten, wie das Lernen unterwegs funktioniert. Wir waren begeistert: Es war relativ einfach, unser Nachwuchs liebt das Lesen und ist vielseitig interessiert. Endlich hatten sie richtig viel Zeit und verschlangen die Bücher geradezu. In Großbritannien mussten wir massiv Lesestoff nachkaufen und die drei lasen einfach auf Englisch weiter. Fantastisch, sie lernten Englisch und merkten es nicht einmal. 2011 gab Gunter dann seinen Job ganz auf und seither leben wir „halbnomadisch“. Leben, Lernen und Arbeiten ist eins geworden.

 

Frage Das klingt ja herrlich – sozusagen Ganzjahresurlaub?

Die Reisen sind anstrengend, weil wir ja auch arbeiten. Das unterschätzt unser Umfeld oft.

 

Frage Ihr seid ja so oft unterwegs, da braucht ihr sicherlich kaum noch Vorbereitung, oder?

Leuchttürme und Kinderporträts gehen gut zusammen © Gabi Reichert

Leuchttürme und Kinderporträts gehen gut zusammen

© Gabi Reichert

Die Reisevorbereitungen nehmen leider nicht so viel Raum ein, wie nötig wäre. Bezüglich der Fotografie und der Schulbildung müssen wir viel vorplanen, fehlt da etwas, wird es schwierig, es im Ausland zu besorgen. Die Reiserouten planen wir nicht im Voraus, oft erfahren wir erst unterwegs in Gesprächen, welche Orte lohnen. Natürlich schauen wir, welche Foto-Locations wir auf keinen Fall verpassen dürfen. Und wir nehmen auch Kontakte mit Gleichgesinnten auf, damit die Kinder Kontakte bekommen. Wichtig ist uns, die Kinder in unsere Fotoprojekte einzubeziehen. Zurzeit suchen wir Umweltprojekte, an denen wir uns beteiligen können.

 

Frage Erzählt doch mal von einem typischen Tag auf Reisen, eurem Alltag sozusagen?

Gemeinsam Berge bezwingen – mit Jugendlichen besonders aufregend © Gabi Reichert

Gemeinsam Berge bezwingen – mit Jugendlichen besonders aufregend

© Gabi Reichert

Das kommt ganz auf die Reise an. In den letzten Jahren hat es sich eingebürgert, dass wir beide morgens sehr früh allein auf Foto-Tour gehen. Jugendliche kann man nur schwerlich überzeugen, gegen 4 Uhr auf Wanderung zu gehen. Für uns ist das sehr gut, denn wir arbeiten konzentriert und in der morgendlichen Ruhe, wir genießen diese Zeit für uns. Zurück am Mobil, wecken wir die drei – meist ist es dann noch nicht mal 9 Uhr. Wir frühstücken gemeinsam, spielen oft noch Karten oder planen den Tag. Wir treffen sehr gern andere Reisende und die Menschen in den Ländern, die wir bereisen. Meist führen wir diese Gespräche auf Englisch und die Kids reden mit. So erfahren wir viel über andere Länder – also nicht nur über die Landschaften, die natürlich durch die Fotografie intensiv wahrgenommen werden.

Auf unserer letzten Reise (vor ein paar Tagen waren wir noch in Schottland) verteilten wir Aufgaben für unseren Reiseblog. Je nach Interesse recherchierten die Kids entweder über die Regionen, Flora und Fauna, Bauwerke wie Leuchttürme oder schottische Geschichte. Vor allem an Regentagen, die man im Norden nun mal hat, waren alle damit beschäftigt, Text über diese Themen zu verfassen. Der Blog ist ein richtiges Gemeinschaftsprojekt. Mittags wanderten wir entlang der Küste und erkundeten gute Foto-Locations für den Abend. Küsten ziehen uns schon seit Jahren magisch an. Wir könnten stundenlang dort verweilen, die Gezeitenbecken erkunden, den Wellen zuschauen, Steine suchen …

Garnelen im französischen Watt - Amy wundert sich © Gabi Reichert

Garnelen im französischen Watt - Amy wundert sich

© Gabi Reichert

Einkaufen und Kochen nimmt mittlerweile auch viel Zeit in Anspruch. Die Jungs sind in einem Alter, wo sie gar nicht genug essen können, und auch Supermärkte können sehr interessant sein. Wir sind für kulinarische Experimente immer offen. Oft wird es abends sehr spät. Da es im Wohnmobil sehr eng ist, ziehen sich die drei gern zum Lesen zurück, während wir nochmal auf Foto-Tour gehen. Eines der Kids kommt auch abends meistens mit. Bei schlechtem Wetter schauen wir uns auch mal am Notebook einen Film an.

 

Frage Gibt es etwas, was ihr am Reisen nicht mögt?

Das Einpacken und Auspacken. Amy meinte einmal: „Ach, diesmal sind wir ja nur sechs Wochen weg, da ist das Packen ja ganz einfach, da brauchen wir ja fast gar nichts!“ Stimmt leider nicht. Auch für kürzere Reisen ist das immer ein ziemlicher Aufwand. Nicht wegen der „normalen“ Reiseutensilien, sondern wegen der Fotoausrüstung und der Literatur. Auf den längeren Reisen verfassen wir ja unterwegs auch unsere Reisereportagen und versenden sie an Magazine.

 

Frage Gibt es Punkte, wo ihr an eure Grenzen stoßt? Was gibt euch die Kraft, dann weiterzumachen?

Wir sind nur einmal an unsere Grenze gekommen: als die drei in den USA ganz unterschiedlich auf die Zeitverschiebung reagierten. Mehr als eine Woche war ständig eines der Kids wach, wir hatten massiven Schlafentzug. Doch dann regulierte es sich urplötzlich und wir konnten den Rest der Reise genießen. Wenn so anstrengende Dinge passieren, dann heißt es jetzt: Augen zu und durch, es wird besser! Optimismus muss sein, und die übelsten Geschichten sind nachher die besten Reiseerinnerungen: ob Lebensmittelvergiftung in der Südsee, Koffer in Texas verloren oder Wohnmobilpanne auf der Isle of Skye in Schottland …

 

Frage Was würdest du nach zwölf Reisejahren als Highlights bezeichnen?

Eishotel auf dem Weg zu den Lofoten © Gabi Reichert

Eishotel auf dem Weg zu den Lofoten

© Gabi Reichert

Gabi: Ganz klar den Winter 2011/12 in Skandinavien. Wir erwischten den kältesten Winter seit mehr als 180 Jahren, mit fünf Monaten am Stück Schnee, Eis und großer Kälte. Der weite Weg durch Lappland zu den Lofoten war zwar etwas beängstigend, dafür sehr aufregend und unglaublich faszinierend.

 

Frage Könnt ihr einschätzen, was eure Kinder von den vielen Reisen mitnehmen?

Wir haben uns bewusst wegen der Kinder dafür entschieden. Heute haben sie keine Angst, auf andere Menschen zuzugehen, denn sie haben andere Kulturen kennengelernt und keine Berührungsängste. Auch die Freundschaften mit ihren Freunden daheim sind intensiver geworden. Die Zeit, die wir in Deutschland sind, nutzen wir bewusster. Beim Reisen im Wohnmobil wird man sich der Ressourcen viel bewusster, wir verschwenden zum Beispiel kein Wasser und sparen Energie. Unsere Kinder sind mit wenigen materiellen Dingen glücklich, zu viel finden sie teilweise richtig belastend. Sie wissen, dass sie auch mit wenig gut auskommen und dass unnötiger Konsum eher kontraproduktiv für die Zufriedenheit ist.

Mit der Walforscherin Heike Vester suchen wir Wale und finden Plankton © Gabi Reichert

Mit der Walforscherin Heike Vester suchen wir Wale und finden Plankton

© Gabi Reichert

Durch das Fotografieren nehmen die Kinder auch ihre Umwelt bewusster wahr, sie entdecken Schönheit und können sie genießen. Ob die drei später viel reisen werden, das interessiert mich auch. Wir werden sehen!

 

Frage Sicherlich hat das Reisen mit Kindern auch Schattenseiten?

Es ist wunderbar, so viel Zeit gemeinsam zu verbringen. Die Erlebnisse, auch, wenn sie teilweise anstrengend sind, verbinden uns sehr. Aber wir bemerken natürlich auch, dass es sehr teuer werden kann, mit fünf Personen zu reisen. Oft zahlen wir auf Campingplätzen wesentlich mehr als Paare. Auch Ausflugstouren, etwa Bootsfahrten zu Walen oder Vogelinseln, gehen richtig ins Geld. Ganz zu schweigen davon, drei Teenager durchzufüttern, die den ganzen Tag durch die Natur gewandert sind.

 

Frage Welches Land würdet ihr als am besten geeignet fürs Reisen mit Kindern empfehlen?

Megafrischer Dorsch, selbst gefangen im Zodiac © Gabi Reichert

Megafrischer Dorsch, selbst gefangen im Zodiac

© Gabi Reichert

Für jüngere Kids ist Norwegen der Renner. Wilde Natur, Ruhe, einsame Strände mit viel Platz zum Spielen, frische Luft. Für ältere Kids finden wir Großbritannien ideal. Sehr gute Möglichkeiten, sein Englisch aufzupolieren, Leute kennenzulernen, Geschichte zu erleben und natürlich auch, die Natur zu erkunden.

 

Frage Was würdet ihr als Langzeit-Reiseprofis anderen Familien empfehlen?

Solange die Kids noch klein sind, Fernreisen machen! Später wird es viel teurer. Bekannte Orte auch mal zu ungewöhnlichen Zeiten bereisen. Wir waren zum Beispiel im Februar, während der eisigen Kälte ein paar Wochen in Dänemark. Schneebedeckte Dünen und Eis auf dem Meer, mal was ganz anderes!

 

Frage Was habt ihr in den nächsten Jahren so vor?

Wir würden gern mal wieder eine längere Reise weiter weg unternehmen, konkret haben wir allerdings noch keinen Plan. Sehr gern würde ich mal eine Kanu-Tour machen oder reiten, also eine neue Reiseart ausprobieren. Jetzt, wo der Nachwuchs selbständig genug ist, können wir auch mal was Außergewöhnliches, Abenteuerliches unternehmen.

 

Frage Wenn eine Fee mit drei Wünschen käme: Was ist euer Reise-Traum?

Seltenes Foto - alle 5 Reicherts zusammen in Schottland © Gabi Reichert

Seltenes Foto - alle 5 Reicherts zusammen in Schottland

© Gabi Reichert

Ich würde mir natürlich eine Weltreise wünschen und unterwegs mit den Kids an Umweltprojekten mitarbeiten. Die Route müsste allerdings von den üblichen Strecken abweichen, mich interessieren eher Island, Grönland, Hawaii, Tasmanien, Namibia, Südamerika … Ich würde auch gern per Zug von hier nach Neuseeland fahren (soweit das eben geht) oder auf Island eine Pferdetour machen…

Wir haben eine Weltkarte auf dem Tisch, beim Essen reisen wir ständig mit dem Finger. Schick doch die gute Fee bei uns vorbei, da fällt uns sicher noch ganz viel ein:-)

 

Alles klar, wir sagen ihr Bescheid! Danke für das Interview, Gabi!


Ist dieser Artikel lesenswert?

Bitte bewerte diesen Artikel: Bewerte diesen Artikel mit einem SternBewerte diesen Artikel mit 2 SternenBewerte diesen Artikel mit 3 SternenBewerte diesen Artikel mit 4 SternenBewerte diesen Artikel mit 5 Sternen
Bewertung: 4,43 von 5 (bei 14 Stimmen)

Die komplette Serie Außergewöhnliche Familien auf Reisen

Aktuelle Umfrage

Euer liebstes Familien-Urlaubsziel: Meer oder Berge?

Loading ... Loading ...

 

Weitere Artikel, die wir empfehlen

Anmelden | RegistrierenKommentar als Gast schreiben

Tipp: Wenn du Dein Bild in den Kommentaren sehen möchtest, nutze bitte den kostenlosen Service von Gravatar.com.

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

− fünf = 1

Dein Name und deine Email-Adresse sind erforderlich. Deine Email-Adresse wird nicht angezeigt.