Sicherheits-Experten im InterviewDie 15 häufigsten Fragen von Eltern zur Sicherheit auf dem Fahrrad

Woran erkennt man einen guten Kinderfahrradhelm, wie sicher ist ein Fahrradanhänger und darf man Kinder auf dem Gepäckträger mitnehmen? Antworten auf diese und mehr Fragen von Eltern in der KidsAway-Community geben anerkannte Fahrradexperten.

von KidsAway-Redaktion


Fahrradfahren mit Kindern, aber sicher! © Pixabay

Fahrradfahren mit Kindern, aber sicher!

© Pixabay

Wenn es um die Sicherheit ihrer Kinder geht, haben Eltern viele Fragen. Leider bekommen sie oft keine zufriedenstellenden Antworten.

Wir haben uns eine lange Liste mit euren Fragen zur Verkehrssicherheit vorgenommen und diejenigen gefragt, die es am besten wissen müssen: Experten beim TÜV und ADAC, beim Fahrradverband ADFC und der Stiftung Warentest, bei der BAG Mehr Sicherheit für Kinder e.V. sowie bei der Jugendverkehrsschule Mannheim.

In Teil eins unserer Experten-Reihe geht es rund ums Fahrradfahren mit kleinen und großen Kindern – und eine Frage zu Skateboards und Inline-Skatern ist auch dabei.

 

1) Wann sollten Kinder anfangen, Fahrrad zu fahren?

Lisa Dammann von der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V. empfiehlt, Kinder erst mit dem Roller und dann mit dem Laufrad üben zu lassen. Klappt es mit dem Gleichgewicht und den Lenkbewegungen, kann aufs Fahrrad umgestiegen werden.

Von Stützrädern rät die Expertin dringend ab – sie ermöglichen es nämlich auch unsicheren Fahrern, hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, bei denen das Fahrrad nicht mehr kontrolliert werden kann.

In Deutschland besitzt fast jedes vierjährige Kind bereits ein Fahrrad. Dabei sind Kinder in dem Alter entwicklungspsychologisch noch gar nicht fähig zum Radfahren: gleichzeitig zu treten, zu lenken, schnell zu reagieren, zu bremsen, das Geschehen an den Seiten wahrzunehmen und dabei aufmerksam nach vorn zu schauen – und dann noch die Kommandos der Eltern sofort zu verstehen und zu befolgen, das schafft kein Vorschulkind.

Erst am Ende der Grundschulzeit können Kinder mit einiger Sicherheit am Straßenverkehr teilnehmen. Vorher sollten Eltern mit ihren Kindern das Radfahren auf verkehrsfreien Flächen üben, etwa in Parks oder auf leeren Parkplätzen.

 

2) Bis zu welchem Alter dürfen oder müssen Kinder auf dem Gehweg Fahrrad fahren?

Fahrradfahren will gelernt sein - und zwar nicht zu zeitig © Pixabay

Fahrradfahren will gelernt sein - und zwar nicht zu zeitig

© Pixabay

Bis zu ihrem achten Geburtstag müssen Kinder auf dem Gehweg fahren, bis zum zehnten dürfen sie sich entscheiden, ob sie den Gehweg oder die Straße benutzen wollen. Danach sind Kinder wie Erwachsene verpflichtet, auf der Straße oder auf einem Radweg zu fahren.

Auch als Gehwegbenutzer heißt es für radelnde Kinder aber immer, auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen und ihnen den Vortritt zu lassen. Auf dem Gehsteig wird nur langsam gefahren!

Durch diese Regelung entstehen mitunter kritische Situationen: Was sollen die Eltern tun, wenn ihr Kind auf dem Fahrrad noch nicht sicher ist, sie selbst aber nicht bei ihm auf dem Gehweg fahren dürfen? Hier haben Gerichte schon die verschiedensten Begründungen gelten lassen.

 

3) Warum sind Fahrradhelme für Kinder nicht gesetzlich vorgeschrieben?

Laut einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach meinen über 50 Prozent der Deutschen, ein Fahrradhelm wäre wichtig – aber nur 19 Prozent der Radfahrer tragen den Helm auch regelmäßig.

Eine Fahrradhelmpflicht ist allerdings auch unter Experten sehr umstritten. Erwiesen ist nämlich, dass dadurch zuerst einmal die Zahl an Fahrradfahrern zurückgehen würde, was natürlich auch sinkende Unfallzahlen zur Folge hätte – aber erwünscht wäre diese Entwicklung nicht, im Gegenteil. Viel wirkungsvoller als eine Helmpflicht sind Maßnahmen zur Verkehrssicherung, Kampagnen zur gegenseitigen Rücksichtnahme und zur Steigerung der Radfahrerzahlen – ein Effekt, den man „safety in numbers“ nennt.

Ungeachtet dieser Bedenken gilt weltweit in einigen Ländern eine Helmpflicht für Radfahrer: In Österreich, Tschechien, Spanien, Schweden und Japan zum Beispiel für Kinder, in Finnland, Neuseeland und Australien sogar für alle Fahrradfahrer.

Polizeihauptkommissar M. Joerchel von der Jugendverkehrsschule Mannheim ergänzt: „Warum eigentlich Helmpflicht nur für Kinder? Klar, ein Kind stürzt öfter, aber ein Erwachsener hat eine andere Fallhöhe. Der ungebremste Aufprall des Kopfes aus 1,50 Meter Höhe auf den Asphalt bedeutet den Tod oder nicht reparable Gehirnschädigungen. Eltern kaufen ihren Kindern Helme, weil sie möchten, dass die Kids gesund bleiben. Ich denke, auch die Kids möchten gesunde Eltern haben, keine Pflegefälle.“

 

4) Woran erkennen wir einen guten Kinderfahrradhelm?

Die Mindestmerkmale eines guten Helms sind das CE-Prüfzeichen (Helm erfüllt die Sicherheitsvorschriften der EU) und die DIN-Norm DIN EN 1078. Außerdem muss dem Helm eine Anleitung beiliegen, die die Einstellmöglichkeiten erklärt, und das Herstellungsdatum, die Angaben zum Hersteller und der zulässige Kopfumfang müssen in der Schale vermerkt sein. Solche Helme kosten zwischen 20 und 50 Euro und bieten nach Auskunft von Fachhändlern gute Sicherheit.

Das GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit ist eine nette Ergänzung, aber nicht verpflichtend. Einige Helme wurden auch von der Stiftung Warentest geprüft und tragen dann auch deren Gütesiegel.

Teurere Helme bieten schöne Extras wie eine Helmbeleuchtung, besonders gute Verstellmöglichkeiten, integrierte Fliegengitter, Sonnenblenden oder Reflektoren. Ob ihr das alles braucht, richtet sich danach, wie und wo ihr Fahrrad fahrt.

Der ADFC ergänzt, dass jeder Kinderkopf anders geformt ist und ein Helm deshalb nicht automatisch passen muss. Anprobieren ist Pflicht. Dabei soll der Helm waagerecht auf dem Kopf sitzen (auf Stirnschutz achten!) und darf weder drücken noch wackeln, auch nicht, wenn der Kinnriemen noch nicht geschlossen ist!

Für Sicherheitsaspekte völlig unwichtig ist die Lackierung, aber bei Fahrradhelmen für Kinder ist sie trotzdem sehr wichtig: Leuchtende, helle Farben garantieren, dass euer Kind im Straßenverkehr gesehen wird.

Und: Ein Helm, der dem Kind nicht gefällt, wird nicht getragen (oder heimlich abgesetzt, wenn ihr nicht dabei seid). Daher unbedingt gemeinsam den Helm aussuchen!

 

5) Können wir Kinderfahrradhelme auf dem Flohmarkt kaufen oder von älteren Geschwistern „erben“?

Der ADFC hält eine maximale Gebrauchsdauer von fünf Jahren für Fahrradhelme angemessen. Danach kann es im Kunststoffmaterial zu Mikrorissen oder -brüchen kommen. Auch wenn man die nicht sehen kann, wären sie bei einem Aufprallunfall fatal. Das Herstellungsdatum ist auf einem Aufkleber in der Helmschale vermerkt.

Bei Helmen, deren Geschichte man nicht kennt, ist größte Vorsicht angesagt: Schon bei einem harmlosen Sturz oder durch lang andauernde Sonneneinstrahlung kann er unsichtbar beschädigt werden und schützt dann nicht mehr optimal.

Die Stiftung Warentest meint: „Streng genommen müsste sogar ein Helm ausgetauscht werden, der von der Garderobe auf den Steinboden gefallen ist.

Das gilt natürlich auch für Fahrradhelme in Fahrradverleihstationen – auf Nummer sicher geht man immer mit dem eigenen Helm.


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