ErfahrungsberichtProtokoll eines Fluges mit Kleinkind

Viereinhalb Stunden Flug mit acht Monate altem Baby - wie geht das? Wir haben zwei kleine Babys auf ihrem gemeinsamen ersten Flug begleitet: Das eine Baby fliegt im Autokindersitz, das andere Baby auf dem Schoß seiner Eltern. Ein Vergleich.

von Kerstin


Zufriedenes Baby im Autokindersitz im Flugzeug © KidsAway

Zufriedenes Baby im Autokindersitz im Flugzeug

© KidsAway

Mit Baby viereinhalb Stunden in der Luft

Es ist 6.53 Uhr, endlich sind wir an Bord des Pauschalfliegers, der uns in viereinhalb Stunden nach Teneriffa bringen soll. Am Eingang drückt mir die nette Stewardess einen Schlaufengurt mit Kopfkissen in die Hand, obwohl wir einen eigenen Platz für unser Baby gebucht haben und einen zuvor von der Fluggesellschaft zugelassenen Autokindersitz dabei haben. „Zur Sicherheit“, meint sie. Ich frage zurück: „Was meinen Sie?“ „Damit Sie Ihr Baby bei Start und Landung auf Ihrem Schoß sichern können.“ – Niemals, schließlich zahlen wir auch ganz regulär für den Sitzplatz für unsere Kleine. Und gerade wegen der großen Sicherheitsrisiken bei Start und Landung haben wir für sie, obwohl sie erst acht Monate alt ist, einen eigenen Sitzplatz gebucht. Aber das Kopfkissen nehmen wir gerne, denn für Erwachsene gibt es keine.

7:00 Uhr Emilie sitzt glücklich auf ihrem Platz im ihr vertrauten Autokindersitz. Sie gluckst und schaut sich interessiert um – so viele Lichter und Menschen. Wir sitzen in einer Dreierreihe. Emilie sitzt auf dem von der Airline extra für sie nebst Autokindersitz vorgesehenen Fenstersitzplatz. Ich sitze an ihrer Seite. Rechts außen auf dem Gangplatz sitzt ein freundlicher, hilfsbereiter älterer Herr. Mein Sohn und mein Mann sitzen in der Reihe hinter uns.

7:02 Uhr Das Flugzeug ist bis auf den letzten Platz besetzt.  Eine Familie mit einem kleinen Jungen in etwa Emilies Alter hat die Plätze in der Reihe vor uns gebucht. Erstaunt fragen Sie beim Hinsetzen die Stewardess: „Wir haben die Plätze A und C reserviert. Und nun ist der Mittelplatz (Platz B) besetzt. Der war doch für Max gedacht!“ Die Stewardess entgegnet, dass die Flüge zu den kanarischen Inseln meist bis auf den letzten Platz ausgebucht seien. Also bleibt der Familie nichts anderes übrig als ihr Kind auf den Schoß zu nehmen. Beim Start befestigen sie Max mit dem Schlaufengurt an Mamas Beckengurt.

Schlaufengurt im Flugzeug © KidsAway

Schlaufengurt im Flugzeug

© KidsAway

7:35 Uhr Emilie ist noch immer wach. Das Flugzeug setzt sich in Bewegung Richtung Startbahn. Max beginnt zu schreien.

7:43 Uhr Wir heben ab. Emilie verschläft den Start.

8:03 Uhr Eine freundliche Stewardess verteilt Spielzeug für die Kinder. Auch Emilie und Max werden mit lustigen Lätzchen und einem Kinderbingo versorgt.

8:14 Uhr Stellungswechsel. Der halbwache Max wird von Mamas Arm auf Papas Schoß bugsiert. Emilie schläft.

8.21 Uhr Max weint. Emilie ist wach und fröhlich schnullert vor sich hin. Ab und zu zupft sie Mama an ihren Haaren.

8:30 Uhr Frühstück. Zu Glück passen zwei Frühstücktabletts auf einen Klapptisch bei Max‘ Eltern. Max sitzt jetzt wieder bei Papa auf dem Schoß, während seine Mama frühstückt. Unser Sohn, der zusammen mit Papa in der Reihe hinter uns sitzt, bekommt ein von uns vorbestelltes Kinderfrühstück.

8:40 Uhr Jetzt kommen die Getränke. Bei Max‘ Familie ist die Stimmung bis zu uns spürbar angespannt.

8:48 Uhr Nach nur acht Minuten bringt uns die Stewardess heißes Wasser für Emilies Babybrei.

Tipp Tipp
Nicht immer geht das so schnell und unkompliziert, insbesondere wenn der Flug etwas kürzer ist und die Stewardessen alle Hände voll zu tun haben. Am besten also selbst heißes Wasser in einer Baby-Thermobehälter mitbringen (das bekommt Ihr auch problemlos durch die Sicherheitskontrolle) oder gleich nach dem Start und noch vor der Essensausgabe heißes Wasser beim Bordpersonal ordern.

8:55 Uhr Max‘ Papa klappt mir seinen Sitz auf mein Frühstückstablett. Die Sitzreihen sind bekannterweise in Pauschalfliegern ja eher eng. Ich finde es nicht sehr witzig, halte mich aber zurück. Denn Max weint schon wieder, und nun beginnt auch Emilie für eine Minute zu meckern.

8:58 Uhr Habe Emilie fertig gefüttert. Jetzt bin ich dran mit dem Frühstück.

Tipp Tipp
Wenn Ihr mit Baby auf dem Schoß reist, dann bittet die Stewardess, Euch Euer eigenes Essen erst nach dem Füttern Eures Babys zu bringen.

9:02 Uhr Max jammert.

9:03 Uhr Max‘ Jammern steigert sich zu einem Herzen zerreißenden Weinen.

9:05 Uhr Max‘ Papa macht Muskelkräftigungsübungen. Um Max zu beruhigen, stemmt er ihn über seinen Kopf Richtung Leselicht. Emilie schaut dem Treiben interessiert  und verdutzt zu.

9:09 Uhr Emilie erzählt lauthals: „Babb babb babb!“

9:15 Uhr Vielleicht hat Emilie etwas in der Hose? – Ab zum Flugzeugklo in der Mitte beim Notausgang. Der Wickeltisch ist erstaunlich groß und über der Kloschüssel ausklappbar, der Toilettenraum (noch) sehr sauber. Aber Fehlalarm. Ich wickele sie trotzdem.
Für das Deponieren der Windeln haben die Stewardessen an alle Eltern Plastiktüten verteilt, denn die kleinen Stinkbomben sollen idealerweise nicht einfach auf der Toilette im offenen Mülleimer entsorgt werden. (Das ist übrigens das erste Mal, dass wir das erleben.) Ich ziehe Emilie die warmen Klamotten aus.

9:32 Uhr Zurück am Platz. Emilie meckert kurz beim Reinsetzen in den Kindersitz. Max wird gerade gestillt.

9:35 Uhr Max weint etwa zwei Minuten lang.

9:42 Uhr Emilie findet nicht in ihren Vormittagsschlaf und quengelt etwas. Ich nehme ihre Hand und alles ist gut.

9:59 Uhr Emilie spielt mit ihrem Fläschchen. In der vorderen Reihe ist alles ruhig, Max schläft. Eine andere Mutter trägt ihr 16 Monate altes Baby in einer Babytrage im Gang auf und ab.

10:04 Uhr Übergabe! Nun darf Papa das Tragebaby weiter durch den Gang tragen. Heute ist alles anders. Normalerweise macht Emilie von zehn bis zwölf ihren Vormittagsschlaf. Wir sind gelassen und warten ab, was kommt.

10:10 Uhr Unser Muh-Kuh-App kommt zum ersten Mal zum Einsatz. Emilie findet es gut.

10:14 Uhr Max meldet sich zurück und weint etwa vier Minuten lang.

10:21 Uhr Und noch einmal: Max findet nicht zur Ruhe und weint schon wieder für mehrere Minuten. Auch Emilie stimmt ein und meckert ganz kurz in ihrem Kindersitz. Wenn ich ihre Hand nehme, ist aber alles wieder gut.

10:24 Uhr Vielleicht hat Emilie Hunger? Ich gebe Emilie ein paar Löffel aus dem mitgebrachten Obstgläschen.

10:27 Uhr Max weint immer noch …

10:28 Uhr Zweiter Wechsel beim Tragekind im Gang. Seine Mama übernimmt wieder das Rundenziehen mit ihm. Dieses Mal geht es aber zu Fuß weiter.

10:32 Uhr Emilie ist eingeschlafen mit meinem Händchen. Nun ist Zeit für einen ungestörten Toilettengang von Mama. Ich bin voller Breipulver, die Breitüte war wohl undicht. Das nächste Mal nehme ich nur eine oder zwei Portionen abgepackt mit. Und der Brei lädt sich statisch auf.

10:47 Uhr Zurück am Platz vom WC. Max wird mittlerweile von seinem Papa im Gang herumgetragen. Das andere Baby läuft mit seiner Mama im Gang auf und ab. Emilie schläft.

10:51 Uhr Max‘ Papa setzt sich mit ihm wieder hin. Max ist wach. Ich schließe die Augen und döse etwas.

11:02 Uhr Emilie ist wieder wach. Offenbar ist sie ausgeschlafen. War wohl nur ein kurzer Power-Nap.

11:15 Uhr Ich füttere Emilie den Rest des Obstgläschens. Mit Entsetzen stelle ich fest, dass ich Emilies Mittagsessen nicht ins Handgepäck gepackt habe! Ich frage die Stewardess, ob sie Babynahrung an Bord haben. Sie muss nachfragen.

11:25 Uhr Nach fast vier Stunden Flug nehme ich Emilie das erste Mal aus dem Kindersitz auf den Arm. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie in ihrem Autokindersitz sehr glücklich (und ich auch).

11:35 Uhr Zweiter Wickelversuch auf der Flugzeugtoilette. Dieses Mal bin ich erfolgreich. Der Pilot macht schon die erste Durchsage zum Landeanflug. Die Stewardess teilt mir mit, dass sie keine Gläschen an Bord haben. Diese gibt es nur in den großen Maschinen und nur auf Langstreckenflügen (unser Flug nach Teneriffa ist nur ein Mittelstreckenflug). Schön dumm, aber zum Glück landen wir ja gleich.

11:44 Uhr Landeanflug. Emilie sitzt wieder sicher angeschnallt in ihrem Kindersitz und spielt mit verpacktem Flugzeugplastikbesteck. Das knistert so schön. Und die Schwerkraft kann sie damit auch testen.

11:49 Uhr Max weint kurz. Emilie spielt weiterhin zufrieden mit ihrem Besteck.

11:58 Uhr Landung. Kurz vor dem Aufsetzen auf der Landebahn dringt ein untrüglicher Geruch zu mir: Emilie hat noch einmal die Windel voll! Oje, das wirft meine Windelplanung völlig durcheinander. Weil ich sie schon auf dem Flughafen und auch im Flugzeug öfter als normal wickeln musste (inklusive Fehlalarm), habe ich keine Windel mehr. Ich kann sie aber so unmöglich aus dem Flugzeug tragen – abgesehen von der starken Geruchsbelästigung würde das eine Generalsanierung zur Folge haben.

Tipp Tipp
Das Schlaf- und Stuhlgangverhalten ist auf Reisen mitunter anders als sonst. Packt deshalb für längere Fahrten, insbesondere für Anreise und Abreise mehr Windeln als gewohnt ein.

Nach der Landung bitte ich die Eltern des Tragebabys um eine Windel. Sie geben mir ihre letzte (!) Windel und wir sind gerettet. Vielen Dank! Ich nutze noch ein letztes Mal den Wickeltisch in der Flugzeugtoilette. Wir sind die letzten, die aussteigen, aber die ersten, die ihre Koffer am Kofferband erhalten.

 

Fazit: Nie wieder ohne unseren Kindersitz!

Während Baby Emilie im Kindersitz viel geschlafen und kaum geweint hat (insgesamt nur etwa 4 Minuten innerhalb von ca. fünf Stunden an Bord), hat Max mehr als zehn Mal geweint – und das etwa 30 Minuten lang. Das entspricht 10 Prozent der Flugzeit!

Und für uns Eltern war der Flug auch nicht stressig: Hätte ich nicht akribisch Protokoll geschrieben, hätte ich wohl tatsächlich ein paar Seiten in einer Zeitschrift lesen können oder mir den Bordfilm anschauen können. Max‘ Eltern hingegen waren recht angespannt und mit Trösten und Herumtragen des Babys gut beschäftigt.

Mal abgesehen von dem erheblichen Sicherheitsrisiko, dass das Reisen mit Schlaufengurt auf dem Schoß eines Elternteils für das Baby birgt, ist das Reisen mit eigenem Kindersitz einfach um ein Vielfaches entspannter und komfortabler für Baby und Eltern.

 

Leserfrage: Wie haltet Ihr es mit dem Fliegen mit Eurem Baby? Mit oder ohne Kindersitz? (Zum Beantworten einfach hier klicken!)

 

 


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