Kindersicherung im FlugzeugDie (un)sichersten deutschen Ferienflieger für Babys und Kinder

Wie ernst ist es den Fluggesellschaften mit der Kindersicherheit an Bord? Wir werfen einen genaueren Blick auf die Bestimmungen der beliebtesten Ferienflieger der Deutschen. Und haben manch Erstaunliches entdeckt.

von KidsAway-Redaktion


Wie fliegen Babys und Kleinkinder sicher? © D-ABVK von lkarasawa unter CC BY 2.0

Wie fliegen Babys und Kleinkinder sicher?

© D-ABVK von lkarasawa unter CC BY 2.0

Es steht schlecht um die Kindersicherheit über den Wolken. So gut wie keine Fluggesellschaft stellt Eltern für Kinder ein adäquates Kinderrückhaltesystem zur Verfügung – weltweit. Hinzu kommt, dass Babys und Kleinkinder bis zwei Jahre offenbar wie selbstverständlich auf dem Schoß eines Elternteils mitfliegen, obwohl seit langem bekannt ist, dass diese Praktik lebensgefährlich für das Kind ist.
Irreführende Ausage auf der Easyjet-Webseite: Bei den "zusätzlichen Sitzgurten für Kleinkinder" handelt es sich um die lebensgefährlichen Schlaufengurte. Ist das wirklich "gut vorbereitet sein"? © Easyjet

Irreführende Ausage auf der Easyjet-Webseite: Bei den "zusätzlichen Sitzgurten für Kleinkinder" handelt es sich um die lebensgefährlichen Schlaufengurte. Ist das wirklich "gut vorbereitet sein"?

© Easyjet

Ähnliche Aussagen wie diese finden sich auf vielen Airline-Webseiten und spielen mit der Unwissenheit frisch gebackener Eltern. Denn die vorgegaukelte Kindersicherheit existiert nicht. Skandalös, aber seltsamerweise stört sich niemand daran außer ein paar sicherheitsbewussten Eltern.

 

Was für alle Fluggesellschaften gilt

Keine der von uns unter die Lupe genommenen Airlines stellt Eltern ein kostenloses oder gegen Gebühr ausleihbares Kinderrückhaltesystem an Bord. Babys und Kleinkinder unter 2 Jahren haben keinen Sitzplatzanspruch, was bedeutet, dass sie auf dem Schoß eines Elternteils mitfliegen und dort mit dem lebensgefährlichen Loop Belt befestigt werden müssen. Wer sein Kleinkind ordentlich im Flugzeug sichern möchte, kommt also nicht umhin, eigeninitiativ für das Baby einen  Extra-Sitzplatz zum Kindertarif zu buchen.

Auch bei Eurowings steht die Sicherheit der Kinder an erster Stelle. - Warum aber müssen sich Eltern selbst um eine adäquate Kindersicherung an Bord kümmern? © Eurowings

Auch bei Eurowings steht die Sicherheit der Kinder an erster Stelle. - Warum aber müssen sich Eltern selbst um eine adäquate Kindersicherung an Bord kümmern?

© Eurowings

TippPech gehabt!

Wenn die Babyschale oder der Kindersitz – auch trotz vorheriger Anmeldung und schriftlicher Genehmigung durch die Airline –  sich nicht einwandfrei auf dem Flugzeugsitz befestigen lässt, behalten sich die meisten Fluggesellschaften (zum Beispiel Condor und Eurowings) vor, den Preis für den extra erworbenen Sitzplatz nicht zu erstatten.

In der Theorie gestatten alle Fluggesellschaften Eltern häufig in einem floskelhaft anmutenden Ton, eigene Kinderrückhaltesysteme mit an Bord zu bringen, wobei die volle Verantwortung für die korrekte Installation des Kindersitzes meist auf die Eltern abgewälzt wird. In der Praxis ist die Wahl der zugelassenen Sitze aber oft stark eingeschränkt. Schmale Sitze in Billig-Airlines verhindern die Installation von TÜV Rheinland-geprüften Kindersitzen. Nicht alle Kindersitze lassen sich in allen Flugzeugen auf allen Sitzplätzen nutzen, manche Airlines haben einzelne Flugzeuge in ihrer Flotte, die nicht kindersitztauglich sind. Einige Fluglinien verbieten die Nutzung von rückwärts gerichteten Babyschalen, andere untersagen die Nutzung des CARES-Gurtes. Die Bestimmungen und Varianten sind so bunt und vielfältig wie eine Blumenwiese im Frühling – und für Eltern kaum durchschaubar.

Sichere und unsichere Kinderrückhaltesysteme an Bord

Als sicheres „Kinderrückhaltesystem“ (KRS) – so heißen für das Flugzeug zugelassene sichere Zusatzgurte und Autokindersitze im Airliner-Jargon – gelten ausschließlich Autokindersitze mit einer festen Rückenlehne sowie das Hosenträger-Gurtsystem CARES und der schon seit Jahren nicht mehr produzierte Luftikid. Nicht sicher und laut TÜV Rheinland sogar lebensgefährlich ist die Nutzung des von europäischen Airlines kostenlos zur Verfügung gestelltem Schlaufengurts (loop belt), mit dem Babys bis zu einem Alter von zwei Jahren auf dem Schoß eines Erwachsenen mitfliegen können und dort mit diesem Gurt am Beckengurt des Erwachsenen befestigt werden. Sitzerhöhungen, auch wenn sie über eine gültige Prüfnorm verfügen, können an Bord der meisten Airlines  während ruhiger Flugphasen genutzt werden, entsprechen aber nicht den Sicherheitskriterien und müssen bei Turbulenzen und während Start und Landung verstaut werden. Einen Vergleich als Entscheidungshilfe findet ihr in diesem Beitrag.

 

Anforderungen an flugzeugtaugliche Babyschalen und Autokindersitze

Folgende Mindestkriterien müssen alle Babyschalen und Autokindersitze, die an Bord eines Flugzeugs für die Kindersicherung benutzt werden wollen, erfüllen:

  •  Der Kindersitz oder die Babyschale muss zu Befestigung mit einem Zweipunkt-Gurtsystem (Beckengurt) vom Hersteller zugelassen sein.
  • Der Kindersitz muss laut Herstellerangaben zu Alter, Gewicht und Größe des Kindes passen.
  • Der Kindersitz oder die Babyschale muss unbeschädigt sein.

Welche weiteren Kriterien im einzelnen die Airlines fordern (zum Beispiel das TÜV-Rheinland-Siegel „for use in aircraft“), erfahrt ihr weiter unten.

 

Mit dem Autokindersitz ins Flugzeug

An Bord wird meist wird nur ein Rückhaltesystem pro Reihensegment zugelassen. Eine Ausnahmegenehmigung kann es geben, wenn die Kinder zur selben Familie gehören und mindestens ein Elternteil bei den Kindern sitzt. Sitze am Notausgang und oft auch in den Reihen davor und dahinter sind für die Nutzung mit Autokindersitzen, Babyschalen und Gurtsystemen tabu. Idealerweise sollte das Kinderrückhaltesystem auf einem Fensterplatz oder (in einem Mittelreihensegment) auf dem mittleren Platz angebracht werden. Oft müssen die Armlehnen der mittleren Sitze hochgeklappt werden, damit der Autokindersitz auf den Flugzeugsitz passt. Das bedeutet, dass der Elternteil, der neben dem Kind sitzt, mitunter etwas eingeschränkt im Komfort ist, vor allem wenn der Kindersitz über überstehende „Ohren“ verfügt.

Im Flugzeug seit ihr bis auf in wenigen Ausnahmen auf euch selbst gestellt: Macht euch also vorher schlau, wie genau der Sitz oder der Gurt auf dem Flugzeugsitz installiert wird. Rechnet nicht mit der Hilfe eines Flugbegleiters und steigt, wenn möglich, vor euren Kindern ein, um den Sitz in aller Ruhe auf dem Sitzplatz zu installieren.

Bitte nehmt zur Sicherheit die Bedienungsanleitung sowie die schriftliche Bestätigung der Fluggesellschaft über die Nutzung mit an Bord (auch um im Zweifel nachweisen zu können, dass das Rückhaltesystem für die Verwendung mit dem 2-Punkt-Gurtsystem zugelassen ist). Leider passiert es nicht selten, dass Flugbegleiter sich weigern, ein für das Flugzeug taugliches und von der Fluggesellschaft zugelassenes Rückhaltesystem an Bord zu aktzepieren.

Um den Autokindersitz zu befestigen, klappt ihr die Rückenlehne des Sitzes, auf dem er installiert werden soll, so weit wie möglich zurück. Nach Befestigung stellt ihr die Rückenlehne aber wieder senkrecht. Die Schnalle des Beckengurts muss sich bei korrekter Installation nach dem Festziehen in der Mitte des Sicherheitsgurtes befinden (nicht seitlich).

ErfahrungsberichtVor Flugbuchung Kontakt aufnehmen und schriftliche Bestätigung geben lassen

Bei fast allen Airlines ist eine vorherige Anmeldung des Kindersitzes über ein Callcenter notwendig. Kontaktiert am besten bereits vor der Flugbuchung die Fluggesellschaft und klärt ab, welche Kinderrückhaltesysteme auf eurer Wunschstrecke zugelassen sind. In eurem eigenen Interesse solltet ihr sicherstellen, dass ihr eine schriftliche Genehmigung/Bestätigung über die Nutzung eures Kindersitzes/eures Gurtes erhaltet.


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Kommentar als Gast schreibenKommentar (1)

  • Ich bin mit meinem Sohn (21 Monate) jetzt am 1. Juni innerdeutsch von Stuttgart nach Dresden mit Germanwings geflogen. Ich habe extra über die Hotline gebucht und einen Haufen zusätzlicher Gebühren deshalb zahlen müssen.
    Ich habe extra einen Platz für meinen Sohn gebucht. Da er sehr klein und leicht ist, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch die Babyschale nutzen. Ich war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger. Deshalb hätte ich ihn gar nicht 50 min auf dem Schoß lassen können. Das Theater ging schon beim Einchecken los – 🙁 Es gab keinen Hinweis vorher bei der Hotline, dass ich eine Geburtsurkunde vorlegen muss (digital wurde nicht akzeptiert, gleiche Meldeadresse auch nicht). Dann hatte ich mich durch die Security gequält. Vor den Leuten null Unterstützung bezgl. meines Sohnes. Dafür ewig warten und alles auseinander nehmen und Diskussionen wegen meiner Insulinspritzen trotz Papieren.
    Der Flieger stand auf einer Außenposition. Also in den Bus rein, keine Vorabfertigung von älteren Personen oder Familien. Damit hatte ich auch keinen Sitzplatz im Bus mehr-Es stand auch niemand auf. Der Clou war dann die Treppe zum Flugzeug! Bepackt mit Rucksack, Babybauch, Minirucksack vom Kind und Kind (konnte die hohen Stufen nicht steigen) musste ich alles allein die Treppen hoch hiefen. Nur eine Seniorin, selbst schlecht zu fuß, bot mir ihre Hilfe an.
    Im Flieger kam dann von einer Begleiterin die Frage nach einer ‚Hilfe… Am Platz angekommen, gingen die nächsten Diskussionen wegen der Schale los. Sie hatte keine grüne Banderole bekommen und hätte eigentlich deshalb weg müssen! Aus versicherungstechnischen Gründen!!! Weil die Banderole fehlte! Also bitte achtet unbedingt darauf. Ich habe mich dann durch gesetzt, aber es sind unnötige Diskussionen gewesen. Andere Passagiere mischten sich dann auch noch ein.
    Fazit: Diese Airline ist absolut nicht kinderfreundlich! Ich will meine Lufthansa zurück! Dort gab es sowas nie.

    Antworten | 25. Juli 2017

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