KinderrückhaltesystemeFliegen mit Autokindersitz – was tun, wenn es Probleme gibt?

Was, wenn ihr für euer Kind im Flugzeug einen Sitzplatz gebucht habt und ein Kinderrückhaltesystem dort verwenden wollt - das Bordpersonal sich aber überraschend weigert, dies zu erlauben? Wir haben vier Strategien für euch.

von KidsAway-Redaktion


Sicheres Fliegen ist mit Kindern nicht so einfach  © hamburg_berlin - Fotolia.com

Sicheres Fliegen ist mit Kindern nicht so einfach

© hamburg_berlin - Fotolia.com

Für Babys und Kinder bis zum Alter von etwa sieben Jahren ist es am sichersten, wenn sie im Flugzeug auf ihrem eigenen Sitzplatz, gesichert in einem passenden Rückhaltesystem fliegen. Diese Botschaft predigen wir bei KidsAway seit vielen Jahren und wir sind froh, dass immer mehr Eltern das Thema Flugsicherheit ernst nehmen.

Es wird Eltern leider nicht einfach gemacht, ihre Kinder im Flugzeug sicher anzuschnallen – Gründe dafür sind vor allem eine schizophrene EU-Gesetzgebung, verwirrende, fehlende oder widersprüchliche Informationen von Airline-Mitarbeitern und schlicht das Desinteresse der Airlines daran, Eltern mit kleinen Kindern eine speziell für das Fliegen entwickelte Sicherungsmöglichkeit anzubieten.

Der Normalfall sieht so aus, dass ihr euch je nach Alter eures Kindes und den Vorgaben der speziellen Airline für eine Babyschale, einen vorwärts gerichteten Autokindersitz (beides in der Regel nur zulässig, wenn das Zertifikat „for use in aircraft“ vorliegt) oder den CARES-Gurt entscheiden müsst.

Der CARES-Gurt ist eine super Alternative zum Kindersitz © Weltwunderer

Der CARES-Gurt ist eine super Alternative zum Kindersitz

© Weltwunderer

Dieses „Kinderrückhaltesystem“ bringt ihr dann selbst zum Flughafen und an Bord des Flugzeugs mit und installiert es dort auf dem Sitzplatz eures Kindes – leider nur selten unter Mithilfe des Airline-Personals. Dafür empfiehlt es sich, nach Möglichkeit das Pre-Boarding zu nutzen, das Familien (oder auch Passagieren, die für diesen Service extra bezahlen) bei vielen Airlines angeboten wird.

Seid ihr mit zeitlichem Vorlauf an Bord, habt ihr Ruhe und Platz, um den sperrigen Kindersitz, zusammen mit eurem Kind und dem restlichen Handgepäck, durch den engen Gang zu bugsieren und auf dem engen Sitzplatz zu installieren. Autokindersitze sollen übrigens immer am Fenster, nicht auf einem Gangplatz genutzt werden!

 

Was aber nun tun, wenn ihr mit eurem explizit zugelassenen Autokindersitz oder dem CARES-Gurt für euer Kind an Bord geht und die Flugbegleiter euch trotzdem die Benutzung verweigern?

 

Leider kommt dieses Szenario häufig vor, nicht nur auf Charterflügen, sondern auch bei renommierten internationalen Airlines. Wir stellen euch verschiedene Strategien vor, die ihr in einem solchen Fall probieren könnt.

 

TippRuhig bleiben!

Egal wie aufgebracht ihr (zu Recht!) seid, wenn man die Sicherheit eures Kindes aufs Spiel setzen will: Bleibt immer höflich und ruhig. Der Kapitän hat grundsätzlich die Möglichkeit, euch bei rüdem Verhalten die Beförderung zu verweigern. Und von einer Stewardess, die ihr vor allen anderen Passagieren zur Schnecke gemacht habt, ist auf dem folgenden Flug nicht mehr viel an Service zu erwarten.

Mit freundlicher Beharrlichkeit und ein paar offiziellen Dokumenten in der Hinterhand erreicht ihr mehr als mit Tränen und Wutgeschrei.

 

Strategie Nummer 1: Aufklären und überzeugen

Während ihr euch auf eure Flugreise mit Kind vorbereitet, solltet ihr auch ein wenig zum Thema Flugsicherheit recherchieren. Wer informiert ist über die realen Gefahren, die nicht oder schlecht gesicherten Kindern bei Turbulenzen oder bei Start- und Landeabbrüchen drohen können, der lässt sich nicht so leicht davon abbringen, ein Rückhaltesystem für sein Kind einzufordern.

Jede Airline hat ihre eigenen Vorgaben und Regeln, welche Rückhaltesysteme sie für ihre kleinen Passagiere erlaubt. In jedem Fall ist es dringend anzuraten, das von euch favorisierte System einige Wochen vor dem Flug bei der Airline anzumelden. Lasst euch unbedingt eine schriftliche Bestätigung geben, dass genau euer Sitz für die Verwendung an Bord, auch während Start und Landung, zulässig ist. Das ist besonders wichtig, wenn ihr mit einem unter Zweijährigen fliegt.

 

ErfahrungsberichtDer „Klassiker“

Die Flugbegleiter fordern euch auf, euer unter Zweijähriges bei Start und Landung auf den Schoß zu nehmen – obwohl ihr einen Kindersitz oder einen CARES-Gurt dabei habt. Was tun?

Viele Airline-Mitarbeiter sind der irrigen Meinung, alle Kinder unter zwei Jahren wären automatisch „infants“ ohne Anspruch auf einen Sitzplatz. In diesem Fall müssen Kinder bei Start und Landung auf dem Schoß ihrer Eltern sitzen. In eurem Fall aber nicht: Ihr habt einen Sitzplatz für euer Kind gebucht, damit fliegt es im „Child“-Tarif und darf und sollte auch – eine zulässige Sicherung vorausgesetzt – den gesamten Flug auf seinem eigenen Sitz verbringen.

 

Druckt euch vor der Abreise alle Statements aus, die eure Airline auf ihrer Website, im E-Mail-Verkehr mit euch oder im Reisebüro zum Thema Autokindersitz veröffentlicht hat. Achtet dabei auf Aktualität – Airlines ändern regelmäßig ihre Beförderungsbedingungen.

Auch die Bedienungsanleitung eures Kindersitzes, vor allem das Zertifikat „for use in aircraft“ solltet ihr dabeihaben und vorzeigen können.

Ihr seid im Recht – und das könnt ihr auch beweisen.

 

Strategie Nummer 2: standhaft und beharrlich bleiben

Wenn Überzeugungsarbeit nicht hilft und das Bordpersonal eure Argumente einfach ignoriert oder beiseite wischt, dann atmet tief durch, lächelt freundlich und beharrt auf eurem Wunsch, den Kindersitz zu verwenden. Lasst euch nicht einschüchtern von Totschlag-Argumenten wie „Dann können Sie nicht mitfliegen“ oder „Wenn Sie sich weiter so anstellen, fliegen wir mit Verspätung!“ Auch wenn das Flugzeug sich bereits in Bewegung setzt und zur Startposition rollt – das ist nicht euer Problem. Gestartet wird garantiert erst, wenn alle Passagiere ordentlich angeschnallt sind.

Ihr habt für den Sitzplatz eures Kindes viel Geld bezahlt, ihr habt den Autositz über den gesamten Flughafen bugsiert und ihr habt die schriftliche Zusage der Airline, dass ihr euer Kind damit sichern dürft. Das ist kein kleinliches Beharren auf eurem Recht, es geht um das Wohl (im schlimmsten Fall das Leben!) eures Kindes!

 

Strategie Nummer 3: den Purser oder den Kapitän verlangen

Der „Purser“ ist oft eine Frau (wie ein Großteil des Bordpersonals), und zwar ist sie schlicht diejenige, die die Hauptverantwortung für alle Vorgänge an Bord trägt. Ihre Entscheidung gilt, wenn es Unstimmigkeiten zwischen Passagieren und Flugbegleitern gibt.

Sollte auch die Purserin euch die Verwendung eures Rückhaltesystems verweigern, habt ihr immer noch Spielraum: Verlangt stoisch, den Kapitän (also den Piloten) zu sprechen. Er ist derjenige, der auf jeden Fall das letzte Wort hat.

Keine Angst, er wird euch nicht erbost aus dem Flugzeug werfen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er gar nicht aus dem Cockpit kommen, sondern dem Purser die Anweisung erteilen, den renitenten Passagieren mit dem Kindersitz ihren Willen zu lassen.

 

Strategie Nummer 4: die Verantwortung übernehmen

Die schlechteste Lösung: Baby auf dem Schoß mit Loop Belt sichern © Rafael Ben-Ari - Fotolia.com

Die schlechteste Lösung: Baby auf dem Schoß mit Loop Belt sichern

© Rafael Ben-Ari - Fotolia.com

Was für ein Quatsch – die Verantwortung für ihre Kinder liegt doch sowieso bei den Eltern?! Lasst euch nicht einreden, die Airline würde im Schadensfall die Verantwortung (und damit einen finanziellen Ausgleich) übernehmen, wenn euer Kind, nur mit dem Beckengurt gesichert, bei einer Bremsung schwer verletzt wird oder stirbt.

Von angeblichen höheren Instanzen wie dem Bordbuch, internen Regeln oder Vorgesetzten dürft ihr euch nicht beeindrucken lassen. Auf den irgendwann unweigerlich folgenden Seufzer: „Dann aber nur auf Ihre eigene Verantwortung!“ könnt ihr freundlich antworten: „Aber gern!“

Auf der Facebook-Seite von CARES Europe hat ein Vater eine tolle Idee geteilt, die wir gern an euch weitergeben wollen. In einem vorformulierten, offiziell anmutenden Schreiben erklärt ihr ganz einfach, dass der (oder die) Unterzeichnende die volle Verantwortung dafür übernimmt, wenn eurem Kind durch die Nicht-Benutzung des Rückhaltesystems im Flugzeug ein Schaden entsteht.

 

Die auf diese Weise umgekehrte Übernahme von Verantwortung wird kein Angestellter einer Airline freiwillig übernehmen wollen – denn Verantwortung will ja gerade niemand übernehmen. Wetten, dass es funktioniert?

 

Musterschreiben für Kindersitz-Verweigerer im Flugzeug

 

Airline: …. (einsetzen)

Flugnummer: … (einsetzen)

Datum: … (einsetzen)

Flug von: …. nach: … (einsetzen)

Name: …. (einsetzen)

Position: … (einsetzen)

Hiermit erkläre ich, dass ich die volle Verantwortung dafür übernehme, dass ich Herrn/Frau____________ (euer Name) die Verwendung des Kinderrückhaltesystems _____________ (einsetzen), zertifiziert von der amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA gemäß der auf dem System ersichtlichen Registrierung und freigegeben von führenden internationalen und vielen nationalen Flugbehörden, für sein/ihr Kind _____________ (Name eures Kindes) auf einem eigens für das Kind reservierten Sitzplatz untersage.

Für unmittelbare gesundheitliche Beeinträchtigungen und Folgeschäden bei dem Kind, die durch die Verwendung des bezeichneten Rückhaltesystems vermeidbar gewesen wären, stehe ich sowohl rechtlich als auch finanziell ein.

_____________________

(Datum, Unterschrift)

 

Wir wünschen euch einen guten – und sicheren! – nächsten Flug. Wir freuen uns sehr, wenn ihr eure Erfahrungen mit Airlines und Kindersitzen mit uns teilt.

Ihr habt euch über eine Airline oder ihre Mitarbeiter sehr geärgert? Dafür haben wir im KidsAway-Forum eine „Schwarze Liste“ angelegt, in der wir Airlines mit familien- und kinderfeindlichen Sicherheitsregelungen und Verhaltensweisen sammeln wollen. Damit Eltern solche Fluggesellschaften schon von vornherein meiden können.


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Kommentar als Gast schreibenKommentare (7)

  • katrin

    Ich möchte demnächst mit WizzAir fliegen und für meinen Sohn unseren Maxi Cosi Pebble Plus mit an Bord nehmen. Auf der Website der Airline heißt es, der Kindersitz muss „mit einer Verriegelung ausgestattet sein, die eine sichere Verbindung mit dem Passagiergurt zulässt“ https://wizzair.com/de-de/informationen-und-serviceleistungen/reiseinformationen/reisen-mit-kleinkindern-und-babys#/. Wisst ihr, was das sein soll? Leider erreiche ich bei der Hotline heute (Wochenende) niemanden und finde auch sonst keine Info dazu, was genau die Anforderung an den Sitz ist. In der englischen FAQ-Version ist von einem latch die Rede. Viele Grüße, Katrin

    Antworten | 3. Februar 2018
  • Andrea

    Wir wollen demnächst das erste Mal mit unserem knapp einjährigen Sohn nach Spanien fliegen. Unser Autositz ist zum Glück auch zugelassen. Auf der Internetseite der Fluggesellschaft steht jedoch, dass das Baby bei Start, Landung und wann immer das Anschnallzeichen aufleuchtet, nicht im Autositz sitzen darf. Dann macht der eigene Sitzplatz samt Autositz aber gar keinen Sinn, oder? Ist dies von Seiten der Airline überhaupt rechtens? Kann man hier etwas machen?

    Antworten | 18. Januar 2017
  • Nadja

    Wir hatten leider das Problem, dass der Cares-Gurt nicht richtig am Flugzeugsitz befestigt werden konnte, da die Rückenlehne nach unten hin schmäler wurde und die Gurtbefestigung so ständig nach unten rutschte.
    Schade, denn eigentlich ist der Cares-Gurt eine super Alternative.

    Antworten | 6. Mai 2015
    • Erinnerst du dich noch, bei welcher Airline das war und vielleicht sogar, mit welchem Flugzeugtyp ihr geflogen seid? Was hat den das Flugpersonal dazu gesagt? War das eine Airline, die den Cares-Gurt offiziell auf ihren Flügen als „Kinderrückhaltesystem“ zulässt?

      Antworten | 6. Mai 2015
      • Nadja

        Das war bei Germania, Flugzeugtyp weiß ich leider nicht mehr.
        Den Cares-Gurt habe ich vorher angemeldet und er wurde auch problemlos zugelassen.

        Antworten | 11. Mai 2015

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