Bundestagswahl 2013Parteienvergleich: Was die Politik für reisende Familien tut

Am Sonntag ist Bundestagswahl – und auch reiselustige Familien tun gut daran, ihre Stimme abzugeben! Wir haben ein paar Vorschläge für die Parteien, worum sie sich in Zukunft kümmern sollten …

von KidsAway-Redaktion

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Was tun die Parteien für Familien? KidsAway hat nachgeschaut © Kzenon - Fotolia.com

Was tun die Parteien für Familien? KidsAway hat nachgeschaut

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Rund 14 Millionen minderjähriger Kinder gibt es in Deutschland. Sie alle haben keine Stimme, wenn am 27. September 2013 ein neuer Bundestag gewählt wird. Aber die meisten von ihnen haben eine Mutter und einen Vater, die wählen können – und das solltet ihr tun, im Interesse eurer Kinder.

Die Realität sieht leider anders aus: Bei Befragungen vor der letzten Bundestagswahl im Jahr 2009 gaben 23 Prozent der Eltern mit Kindern unter 16 Jahren an, gar nicht wählen zu wollen (im Durchschnitt sagten das nur 20 Prozent der Wahlberechtigten). Von den 18- bis 34-Jährigen Müttern und Vätern wollte sogar ein Drittel nicht an der Bundestagswahl teilnehmen.

Sind Eltern also gar nicht interessiert daran, Eingriff in die Politik zu nehmen? Oder fühlen sie sich von den Wahlversprechen und Wahlprogrammen der Parteien nicht angesprochen, sehen ihre Interessen nicht vertreten?

Eine repräsentative Umfrage des bekannten Versandhändlers Jako-o zeigt: Eine knappe Mehrheit von 40 Prozent der befragten Eltern traut einer rot-grünen Regierungskoalition die bessere Familienpolitik zu. Fast genauso viele (34 Prozent) sprechen sich aber für eine Regierung aus CDU/CSU und FDP aus.

Dabei erwarten Mütter und Väter von der künftigen Bundesregierung vor allem mehr Einsatz im Bereich gleicher Bildungschancen für alle Kinder, bei der Förderung benachteiligter Kinder sowie – wie immer – mehr Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Großer Handlungsbedarf wird beim Krippenausbau, bei der Gestaltung des Bildungssystems und auch beim Thema Familienzeit gesehen.

Wir schauen nach, was die großen Parteien zu einigen zentralen Fragen sagen, die reiselustige Eltern interessieren dürften: von finanzieller Unterstützung in der Elternzeit, die immer mehr Eltern für Auszeiten und längere Reisen nutzen, über konkrete Verbesserungen in puncto Sicherheit von Kindern im Flug- und Straßenverkehr bis zur Unterstützung einer freien Wahl des Lebensmodells.

 

Was die Parteien versprechen: Thema Geld

Was tun die Parteien für die Finanzierung von Familien? © Weltwunderer

Was tun die Parteien für die Finanzierung von Familien?

© Weltwunderer

Zum Thema Kindergeld (aktuell gibt es für die ersten beiden Kinder je 184 Euro, für das dritte Kind 190 Euro und ab dem vierten Kind je 215 Euro im Monat) wird ja gern viel versprochen; alle Eltern freuen sich natürlich, wenn es mehr davon gibt, denn die Ausgaben für Kinder sind hoch, besonders auf Reisen.

Die SPD will Eltern mit niedrigen Einkommen mit einem „sozial gestaffelten Kindergeld“ fördern, das dann bis zu 140 Euro höher ausfallen könnte. Besserverdiener werden sich ärgern, denn der Steuervorteil durch den Kinderfreibetrag soll entfallen.

Die GRÜNEN streben eine faire „Kindergrundsicherung“ an: Kindergeld, Kinderzuschlag und steuerliche Kinderfreibeträge würden zusammengefasst, so dass jedes Kind unabhängig vom Einkommen seiner Eltern die gleiche staatliche Unterstützung bekäme.

Die Linke will das Kindergeld auf 200 Euro erhöhen und langfristig eine „ausreichende Grundsicherung“ für alle Kinder erreichen. Die FDP äußert sich zu dem Thema gar nicht.

Die CDU kündigt an, ein neues „Familiensplitting“ einzuführen, bei dem der Kinderfreibetrag auf das Niveau eines Erwachsenen angehoben wird. Das Kindergeld würde entsprechend um 35 Euro je Kind steigen, auch der Kinderzuschlag, der Familien vor ALG-II-Bezug schützen soll, würde höher ausfallen.

Durch die von SPD und Grünen angekündigte Streichung des Ehegattensplittings für neue Ehen (stattdessen soll ein „Partnertarif“ eingeführt werden) ergäbe sich stattdessen eine Umverteilung der Einkommen von Familien – Gutverdiener, die nach dem traditionellen Rollenmodell leben, würden dann mehr Steuern als bisher zahlen müssen. Investiert werden sollen diese zusätzlichen Einnahmen in den Ausbau der Ganztagsbetreuung – und vielleicht sogar eine schrittweise Abschaffung der Kita-Gebühren.

Dass Familien mit Kindern strukturell benachteiligt werden, weil sie die Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf Windeln, Kindersitze und Schulessen bezahlen müssen, prangert das Bündnis „7 Prozent für Kinder“ schon seit Jahren an – während Hundefutter und Hotelübernachtungen mit einem geringeren Mehrwertsteuersatz von neun Prozent subventioniert werden.

Von Senkungen der Mehrwertsteuer in Bereichen, die uns Eltern betreffen, ist in keinem Wahlprogramm die Rede – aber immerhin sprach SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf einer Veranstaltung davon, die bestehenden Vergünstigungen in großen Teilen abzuschaffen und die niedrigere Mehrwertsteuer in einem weiteren Bereich neben Lebensmitteln, Mieten, öffentlichen Nahverkehr und Kultur zu senken. Ob das Produkte und Dienstleistungen für Kinder sein werden? Wir sind gespannt.

Das heiß diskutierte Betreuungsgeld (aka „Herdprämie“) wurde zum 1. August 2013 eingeführt. Aktuell erhalten Eltern, die ihr Kind nicht in einer staatlich geförderten Kita betreuen lassen, nach dem Bezug des Elterngeldes und maximal bis zum dritten Geburtstag monatlich 100 Euro; ab August 2014 soll auf 150 Euro erhöht werden.

Die CDU/CSU bezeichnet ihr politisches Baby als „wichtigen Beitrag zur Wahlfreiheit“ der Eltern in puncto Kinderbetreuung – die FDP eiert bei dem Thema um den heißen Brei herum, während SPD, Grüne und Linke klar sagen, dass sie bei einem Wahlsieg das Betreuungsgeld sofort wieder abschaffen und dafür den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz auf eine Ganztagsbetreuung ausweiten würden. Die dafür eingeplanten Ausgaben von zwei Milliarden Euro kämen dann der dringend benötigten Förderung der Kita-Qualität zugute.

Auch unter Eltern ist das Betreuungsgeld umstritten – klar ist, dass es für junge Eltern auf Reisen ein nettes Taschengeld vom Vater Staat darstellen kann, denn in dieser Zeit brauchen die Kinder ja keinen Kita-Platz.

Das bereits seit 2007 bestehende Elterngeld wird derzeit als Lohnersatzleistung in Höhe von 67 Prozent des letzten Nettogehalts ab der Geburt eines Kindes für maximal 14 Monate gezahlt – wenn der Vater mindestens zwei dieser Monate nimmt. Der Mindestbetrag liegt bei 300 Euro, maximal sind 1800 Euro drin. CDU/CSU und FDP hatten zwar angekündigt, den Elterngeldbezug zeitlich auszuweiten, das stellte sich dann aber als zu teuer heraus. Weitere Infos zum Elterngeld gibts auf DeinElterngeld.de

Nun versprechen die Unionsparteien ein Teilelterngeld, das bis zu 28 Monate lang bezogen werden kann; die FDP hatte das bisher verhindert, möchte nun aber nicht nachstehen und außerdem noch die Vätermonate ausbauen. SPD und GRÜNE finden das ursprünglich von ihnen eingeführte Konzept offenbar okay und wollen nicht allzu viel ändern; allenfalls die Anrechnung des Elterngeldes auf ALG II soll nach dem Willen der Grünen zurückgenommen werden.

Die Linke will außerdem jedem Elternteil zwölf Monate Elterngeld zugestehen, die zeitlich flexibel bis zum siebten Geburtstag des Kindes genommen werden könnten.

Vorsicht ist natürlich geboten: Alle Wahlversprechen stehen „unter Finanzierungsvorbehalt“. Für junge Familien, die die Elternzeit für eine gemeinsame Auszeit nutzen wollen, steht offenbar weiterhin alles auf Grün – und es kann nur noch besser werden!

 

Heißes Thema Kinderbetreuung

Seit August 2013 besteht ein Rechtsanspruch auf eine Betreuung von Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr, egal ob in einer Kita oder bei einer Tagesmutter (ab dem dritten Lebensjahr gab es bereits vorher einen Rechtsanspruch). Die Crux dabei: Der Rechtsanspruch droht am unzureichend ausgebauten Betreuungsnetz zu scheitern, da bei der Planung in vielen Landesteilen von zu niedrigen Zahlen ausgegangen wurde. Die hastig bereitgestellten Kita-Plätze weisen zudem oft nicht die Qualität auf, die sich Eltern für die Betreuung ihrer Kinder wünschen.

Nahezu alle Parteien versprechen, das Kita-Angebot weiter auszubauen. Die CDU will außerdem die Öffnungszeiten flexibler gestalten und es Großeltern leichter machen, ihre Enkel zu betreuen – ein weiterer Schritt in Richtung Wahlfreiheit bei der Betreuung oder nur Ablenkung vom Hauptproblem?

FDP, SPD und Grüne konzentrieren sich daneben auf die Verbesserung der Kinderbetreuung, unter anderem durch eine Anhebung der Ausbildungsstandards des Personals und bessere Personalschlüssel.

… was Schulkinder ohne Hortbetreuung in den sechs Wochen langen Sommerferien tun sollen, dazu äußert sich leider keine Partei.

Die einzige Partei, die sich einigermaßen konkret zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf äußert, ist die SPD. Momentan gibt es gar keine gesetzlichen Regelungen für diesen Bereich. In Zukunft soll es eine Familienarbeitszeit ermöglichen, dass Eltern ihre Arbeitszeit zeitlich befristet gemeinsam reduzieren (etwa auf 30 Stunden) können.

Was tun die Parteien für die Mobilität von Familien? © Photoz - Fotolia.com

Was tun die Parteien für die Mobilität von Familien?

© Photoz - Fotolia.com

Familien, die viel und gern unterwegs sind, interessieren sich aber auch für andere politische Bereiche, etwa für die Verkehrsplanung. Hier ist das Konzept der Grünen und der Linken interessant, die allen Bürgern Mobilität zu fairen Preisen sichern wollen – die Linken treten sogar für komplett kostenlosen öffentlichen Nahverkehr ein.

Gegensätzliche Wertanschauungen treten beim Thema Auto zutage: Während die Grünen und die Linke sich für ein Tempolimit, die Abschaffung von Begünstigungen für den Flugverkehr und die Förderung von Schienenverkehr und grüner Mobilität einsetzen, treten CDU und FPD gegen Tempolimits ein, wollen die Autobahnen verstärkt ausbauen und den Bahnverkehr umfassend privatisieren.

Ein spannendes Wahlversprechen für viele Eltern von Schulkindern macht die SPD: Die Anzahl der Staus soll drastisch reduziert werden. Das wollen wir gern mal sehen …

 

Tabuthema „Homeschooling“

Immer wieder wird in Eltern- und Reiseforen darüber diskutiert, und nicht immer fair: Die in Deutschland geltende Schulpflicht verpflichtet Eltern, ihre Kinder im schulfähigen Alter in einer staatlich anerkannten Schule unterrichten zu lassen. Im Gegensatz dazu besteht in den meisten europäischen Ländern (und auch weltweit) eine Bildungs- oder Unterrichtspflicht: Kinder müssen hier nachweisen, dass sie vorgegebene Lernziele erreicht haben – wo und wie sie diese erwerben, steht ihnen (bzw. ihren Eltern) aber frei.

Für Familien, die mit ihren Kindern die Welt entdecken wollen, ist die Schulpflicht regelmäßig ein großes und oft unüberwindbares Hindernis – Freistellungen von der Schule für eine längere Reise werden nur im Einzelfall erteilt und sind nach dem Gesetz eigentlich illegal. Eine Abkehr von der rigorosen Schulpflicht, hin zu einer selbstbestimmten Bildungspflicht würde vielen Familien die Welt öffnen und wahre „Wahlfreiheit“ bedeuten.

Leider setzt sich keine einzige deutsche Partei für dieses Ziel ein. Ihr könnt euch aber bei Interesse an das „Netzwerk Bildungsfreiheit“ wenden, dem der „Bundesverband Natürlich Lernen! e. V.“, die „Stiftung Netzwerk Hochbegabung“, das „Europäische Forum für Freiheit im Bildungswesen“ (effe), der Verein „Schulbildung in Familieninitiative e. V.“, die Initiative „Deutschhilfe für Ausländer“ und viele mehr angeschlossen sind.

 

… und noch viele wichtige Fragen, die ihr euren Abgeordneten stellen könntet

Was tun die Parteien für die Flugsicherheit von Kindern? © Igor Stepovik - Fotolia.com

Was tun die Parteien für die Flugsicherheit von Kindern?

© Igor Stepovik - Fotolia.com

Speziell für Familien, die gern und viel unterwegs sind, gibt es so einige offene Fragen, zu denen sich im Bundestags-Wahlkampf keine Partei äußert. Schreibt doch mal eine E-Mail an die Abgeordneten in eurem Wahlbezirk und fragt nach:

 

  • Wann wird Ihre Partei die EU-Gesetzesvorlage ECE-R 129, die den Transport entgegen der Fahrtrichtung für Kinder bis 15 Monate sowie Tests auf Seitenaufprallschutz bei allen Kindersitzen vorschreibt, in der deutschen Straßenverkehrsordnung umsetzen?
  • Wird sich Ihre Partei für die Ausweitung der Richtlinie ECE-R 129 einsetzen, damit Kinder bis zum vierten Lebensjahr nur rückwärts gerichtet im Auto transportiert werden dürfen? Mit welcher Argumentation tut sie das nicht und riskiert damit wissentlich das Leben und die Gesundheit von Kleinkindern im Straßenverkehr?
  • Wann wird Ihre Partei die EU-Regelung EU-OPS zur Sicherung von Kindern unter zwei Jahren mit geeigneten Rückhaltesystemen im Flugzeug umsetzen, die Benutzung von Schlaufengurten verbieten und einen eigenen Sitzplatz für jedes Kind vorschreiben?
  • Auch Rollstühle für Passagiere sind in Flugzeugen gesetzlich vorgeschrieben; wann wird Ihre Partei deutsche Fluggesellschaften verpflichten, eigene, speziell für den Flugverkehr entwickelte Kindersitze an Bord vorrätig zu halten?

 

Diskutiert mit uns: Welche Parteien kommen Familien am meisten entgegen? Womit seid ihr gar nicht einverstanden? Und welches eurer Anliegen wird von den Politikern immer noch übersehen oder vergessen?
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