Kinder im Auto sicher transportierenDas Kindersitz-ABC

Kinder im Auto richtig anschnallen – das ist nicht nur auf Reisen wichtig. Wir sagen euch, worauf ihr beim Kauf und beim Installieren von Kindersitzen achten müsst und wer wo sitzen sollte – mit oder ohne Airbag.

von KidsAway-Redaktion


70 Prozent der Eltern sichern ihre Kinder nicht korrekt im Auto © BlueSkyImages - Fotolia.com

70 Prozent der Eltern sichern ihre Kinder nicht korrekt im Auto

© BlueSkyImages - Fotolia.com

Die deutsche StVO schreibt vor, dass jedes Kind unter 12 Jahren oder 1,50 Meter Körpergröße mit einem Kindersitz gesichert werden muss (entscheidend ist, welche Grenze zuerst erreicht wird – Kinder, die älter als 12 sind, dürfen also ohne Kindersitz fahren, auch wenn sie noch kleiner als 1,50 Meter sind).

Auch renitente, brüllende, an Reisekrankheit leidende oder sich selbständig abschnallende Kinder sind keine Ausrede: Wer sein Kind während der Fahrt nicht sichert, muss mit einem Bußgeld von 40 Euro und einem Punkt im Flensburger Verkehrszentralregister rechnen. Im Notfall heißt es für Eltern: anhalten und Kind beruhigen oder wieder anschnallen, bevor es weitergeht – oder auf Autofahrten verzichten.

Der beste Platz für Kinder ist laut ADAC die Rückbank, am besten in der Mitte. Ist diese besetzt, sollten Kinder auf der rechten Seite sitzen, damit sie auf der Gehwegseite aussteigen oder herausgenommen werden können.

Babys unter drei Monaten sind in der leicht gekrümmten Haltung in einer Babyschale nicht optimal aufgehoben und können unter Umständen Atemprobleme bekommen. In dieser Zeit solltet ihr Babys möglichst nicht über längere Zeit im Auto transportieren und viele Pausen machen.

 

Offizielle Regelungen

Die Kindersitzpflicht gibt es seit 1993. Seit 2008 müssen alle in Deutschland vertriebenen Sitze nach der ECE-Regelung Nr. 44/03 oder höher zertifiziert sein.

Seit Juli 2013 gilt außerdem neben der ECE 44 eine neue EU-Richtlinie: Alle neuen Kindersitze für Säuglinge müssen nun den rückwärts gerichteten Transport bis zum Alter von 15 Monaten ermöglichen, einen Seitenaufprallschutz gewährleisten und sich an der Körpergröße statt am Gewicht orientieren. Wann die Übergangszeit dieser Regel ablaufen und ein Verbot der „alten“ Kindersitze eintreten wird, ist noch unbekannt – Sicherheitsexperten begrüßen die Einführung aber uneingeschränkt und hoffen, dass sie noch bis auf 24 Monate ausgeweitet wird.

Erfahrungsbericht ECE 44 teilt Autokindersitze in mehrere Klassen ein, die genau zum Gewicht des transportierten Kindes passen müssen (das Alter ist nur ein Hinweis zur Orientierung):

  • Klasse 0: Babyschale von Geburt bis 10 kg oder 9 Monate, mit Fünfpunktgurt (Installation nur rückwärts gerichtet oder quer zur Fahrtrichtung)
  • Klasse 0+: von Babyschale von Geburt bis 13 kg oder 18 Monate, mit Fünfpunktgurt (nur rückwärts gerichtet)
  • Kombination Klasse 0+/I: von Geburt bis 18 kg rückwärts, ab 9 kg auch in Fahrtrichtung möglich; bis etwa 3,5 Jahre (mit Fünfpunkt- und Dreipunktgurt)
  • Klasse I: 9 bis 18 kg oder 9 Monate bis 3,5 Jahre, mit Fünfpunktgurt, in oder gegen Fahrtrichtung (Reboarder)
  • Klasse II: 15 bis 25 kg, ab 4 Jahre (meist in Fahrtrichtung mit Dreipunktgurt, auch als Reboarder)
  • Kombination Klasse II/III: 15 bis 36 kg, 4 bis 12 Jahre (in Fahrtrichtung mit Dreipunktgurt)
  • Klasse III: Sitzerhöhung von 22 bis 36 kg, bis 12 Jahre (in Fahrtrichtung mit Dreipunktgurt)
  • Kombination Klasse I/II/III: von 9 bis 36 kg oder 9 Monate bis 12 Jahre  

 

Übrigens: Auch in Taxis müssen Kinder gesichert werden, allerdings muss das Unternehmen höchstens zwei Kinder sichern können und maximal einen Kindersitz der Gruppe I bereitstellen. Babyschalen müssen die Passagiere selbst mitbringen. Welche Regelungen in anderen Ländern für die Sicherung von Kindern im Auto gelten, könnt ihr in unserem Beitrag „Mit oder ohne Autositz auf Reisen“ genau nachlesen.

Neben dem Gewicht des kleinen Passagiers hängt es oft stark von der Körpergröße und der Statur ab, ob ein bestimmtes Kindersitz-Modell „passt“ und wie lange es passt. Sitze der Gruppen 0 bis I dürfen nur so lange benutzt werden, wie das Köpfchen nicht über die Sitzkante hinausragt und die Schultern unterhalb der Austrittspunkte des Fünfpunktgurtes liegen. Größeren Kindern wird es oft an den Hüften zu eng in den Sitzen, während Kombi-Modelle aus mehreren Klassen für die kleineren Kinder oft noch zu wenig Halt bieten.

Also: immer „anprobieren“ – und dabei keine dicke Winterkleidung, Fußsäcke oder Ähnliches tragen!

 

Wann ist ein Kind „zu groß“ für den Kindersitz?

Für die "Großen" ist ein Kindersitz bis 12 Jahre Pflicht © natasnow - Fotolia.com

Für die "Großen" ist ein Kindersitz bis 12 Jahre Pflicht

© natasnow - Fotolia.com

Eine Sitzerhöhung der Gruppe III soll die Größeren im Auto schützen, indem sie für einen korrekten Verlauf des Dreipunktgurtes an Schulter und Bauch sorgt. Viele Eltern meinen irrtümlich, auf die Sitzerhöhung verzichten zu können, sobald der Schultergurt nicht mehr am Hals des Kindes anliegt. Genauso wichtig ist es aber, dass der Beckengurt richtig platziert ist.

Ohne Sitzerhöhung liegt er oft noch zu hoch im Bauchbereich, da das Becken von Kindern noch nicht über die typischen „Seitenhörnchen“ verfügt, die den Gurt bei Erwachsenen unten halten. Bei Bremsungen oder Aufschlägen des Autos kann der Gurt bei Kindern in den Bauchraum einschneiden und zu schwersten Unterleibsverletzungen führen.

Ab 15 Kilogramm Körpergewicht sind Sitzerhöhungen der Klasse III zulässig. Die günstigsten Modelle haben keine Rückenlehne und damit weder Seitenschutz noch eine Führung für den Diagonalgurt. Oft fehlen auch die Führungen für den Beckengurt, dann kann bei starken Bremsungen das Sitzkissen einfach unter dem Po des Kinder nach vorn rutschen. Schlafende Kinder kippen auch oft zur Seite und rutschen aus dem oberen Gurt heraus. Kleinere Kinder, die gerade erst aus der Gruppe II herausgewachsen sind, solltet ihr nicht ohne Rückenlehne und ohne Seitenhörnchen transportieren.

 

Das passende Auto?

Auch die Kleinsten müssen im Auto gut gesichert werden © tan4ikk - Fotolia.com

Auch die Kleinsten müssen im Auto gut gesichert werden

© tan4ikk - Fotolia.com

Es gibt keinen Kindersitz, der optimal in jedes Fahrzeug passt. Ihr solltet daher jeden neuen Kindersitz immer probeweise in euer Auto (und das Zweitauto, und das Auto von Oma …) einbauen, bevor ihr ihn kauft. Gerade Kindersitze mit ISOFIX passen nicht in jedes Fahrzeugmodell (kritisch sind vor allem Autos mit Staufächern im Fußbereich).

Auch Reboarder brauchen mitunter viel Platz. Und viele Babyschalen können nicht montiert werden, weil die Dreipunktgurte auf der Rückbank schlicht zu kurz sind. Viele Kindersitz-Hersteller haben deshalb Herstellerlisten mit zuverlässig passenden Fahrzeugmodellen, einige beschränken den Einsatz ihrer Sitze explizit auf diese Modelle. Ist euer Auto nicht auf der Herstellerliste aufgeführt, erkundigt euch vorsichtshalber bei eurem Autohändler, ob der Kindersitz eurer Träume in euer Auto passt oder damit getestet wurde.

Erfahrungsbericht Was ist ISOFIX?
ISOFIX wurde entwickelt, um den Einbau von Autokindersitzen zu erleichtern und Anwendungsfehlern vorzubeugen. Die Steckverbindungen, mit denen der Kindersitz fest mit der Karosserie verbunden wird, sind in den meisten Neuwagen integriert; fehlen sie, kann der ISOFIX-Sitz auch mit dem Dreipunktgurt installiert werden.

Nachteil: Nicht alle ISOFIX-Systeme passen in jedes Auto (dazu braucht es eine Universalzulassung), mitunter fehlen die ISOFIX-Ösen auf dem Beifahrersitz. Außerdem sind ISOFIX-Autokindersitze zum Teil wesentlich teurer als „normale“.

 

Lasst euch außerdem vom Kindersitz-Verkäufer die richtige Installation und die Handhabung zeigen (aber Vorsicht: Viele Verkäufer sind dafür kaum ausgebildet oder geben gar falsche Anweisungen. Auf YouTube haben die Hersteller vieler Autokindersitze eigene Installationsanleitungen eingestellt).

 

Kindersitze richtig installieren

Über 70 Prozent der Eltern sichern ihre Kinder nicht korrekt im Kindersitz. Typische Fehler:

  • Der Tragebügel der Babyschale ist nicht aufrecht eingerastet.
  • Der Fünfpunktgurt sitzt nicht straff (oft wegen zu dicker Kleidung). Faustregel: Eine Erwachsenenhand sollte flach zwischen Gurt und Kind passen.
  • Falscher Gurtverlauf bei der Sicherung von Babyschalen und Gruppe-I-Sitzen
  • Der Autositz ist nicht fest genug montiert oder nicht richtig auf der Station eingerastet.
  • Der Dreipunktgurt verläuft nicht über der Schultermitte.
  • Der Beckengurt liegt zu hoch (er sollte so tief wie möglich über die Leistenbeuge gehen).
  • Der Kopf des Kindes befindet sich nicht innerhalb der Kopfabstützung, besonders beim Schlafen.

 

Einbau-Probleme

Ein sehr weit verbreitetes Problem sind die Sicherheitsgurte, vor allem in Kombis. Mitunter sind die Gurtschlösser zu lang für den korrekten Einbau, oft liegen die oberen Gurtverankerungspunkte der äußeren Sitze zu weit vorn, so dass ein vorwärts gerichteter Kindersitz der Gruppe II oder III mit der Rückenlehne an die Aufrollautomatik stößt. Beugt sich das darin sitzende Kind dann nach vorn, ist der Gurt nicht mehr straff.

Die gleiche Situation tritt übrigens ein, wenn der Gruppe-II/III-Kindersitz auf dem Beifahrersitz verwendet wird. Die Bedienungsanleitungen der meisten Autos empfehlen nämlich, den Beifahrersitz dann ganz nach hinten zu schieben – wodurch die Aufrollautomatik nicht mehr optimal arbeiten kann, da der Kindersitz dann hinter dem Gurtverankerungspunkt sitzt. ADAC-Tests aus dem Jahr 2012 zeigten außerdem, dass es kaum Autos gibt, in denen drei Kindersitze nebeneinander auf die Rückbank passen.

 

ErfahrungsberichtIntegrierte Kindersitze
Integrierte Kindersitze kann man gegen Aufpreis in viele Modelle einbauen lassen. Vorteil: Sie nehmen wenig Platz weg und können spontan genutzt werden. Nachteil: Sie sind nicht so sicher wie „richtige“ Kindersitze, bieten meist eine schlechtere Schlafposition und keine optimale Gurtführung. Integrierte Kindersitze sind daher eher etwas für Großeltern, die nur ab und zu ein Kind transportieren müssen und dies nicht über längere Strecken.

 

Kindersitze und Airbags

Richtig gesichert im Kindersitz - oder? © SerrNovik - Fotolia.com

Richtig gesichert im Kindersitz - oder?

© SerrNovik - Fotolia.com

Moderne Autos schützen ihre Insassen mit einer Vielzahl von Airbags. Zumindest ein Beifahrer-Airbag fehlt heute nur noch in den allerältesten Autos.

§ 35a StVZO schreibt vor: Bei aktivem Beifahrer-Airbag darf niemals ein rückwärts gerichteter Kindersitz auf dem Beifahrersitz montiert werden. Habt ihr auf der Rückbank keinen Platz oder könnt ihr euer Baby dort schlecht beruhigen, müsst ihr den Beifahrer-Airbag deaktivieren; bei einigen Automarken geht das mit Schlüsselschalter, andere müssen den Airbag in der Werkstatt abschalten lassen und in einigen Modellen schaltet sich der Airbag auf ein bestimmtes Transpondersignal hin ab – hier dürfen nur spezielle Kindersitze des Fahrzeugherstellers verwendet werden.

Vorwärts gerichtete Kindersitze sind auf dem Beifahrersitz erlaubt, wenn nicht der Auto- oder der Kindersitzhersteller etwas anderes festlegen. Sicherheitshalber solltet ihr den Sitz dann möglichst weit nach hinten schieben und die Lehne aufrecht stellen. Beim Einbau eines Gruppe-I-Kindersitzes hilft es, wenn ihr die Lehne zunächst etwas nach hinten neigt und nach dem Einspannen des Dreipunktgurtes wieder aufrecht stellt, um den Gurt zu straffen.

Und: Darauf achten, dass die B-Säule mit dem Gurtverankerungspunkt hinter dem Kind liegt!

Bei den Seiten-Airbags und Kopfairbags ist die Meinung bei den Fahrzeugherstellern und den Kindersitzmarken geteilt. Man geht davon aus, dass diese zusätzlichen Airbags für Kinder ungefährlich sind, solange diese in einem korrekt installierten Kindersitz sitzen. Lehnt sich ein Kind während der Fahrt allerdings an eine Airbag-Austrittsöffnung, kann es gefährlich werden (das gilt natürlich auch für erwachsene Mitfahrer).

 

Was tun, wenn nur noch ein Beckengurt frei ist?

Gerade wenn mehrere Kinder im Auto transportiert werden sollen, stoßen Eltern auf ein Problem: Der mittlere Platz auf der Rückbank ist oft nur mit einem Beckengurt ausgestattet. Zum Glück gibt es auch einige Beckengurt-kompatible Kindersitze, die sich für Kinder bis 25 Kilogramm Körpergewicht eignen. Diese könnt ihr in der Regel auch mit ins Flugzeug nehmen, wo ja ebenfalls nur Beckengurte vorhanden sind.

Alle Zweipunktgurt-Sitze sind immer auch mit dem Dreipunktgurt nutzbar; die „Beckengurttauglichkeit“ endet aber spätestens bei 25 Kilogramm Körpergewicht.

TippSpartipps

Kindersitze sind teuer, keine Frage. So kann man immerhin ein wenig sparen, ohne auf Sicherheit im Auto zu verzichten:

  • Auslaufmodelle von Markenherstellern, die vom ADAC gut getestet wurden, sind oft günstiger
  • Kombi-Modelle, die über mehrere Alters- und Gewichtsklassen gehen, sind hochgerechnet günstiger.
  • Kindersitze leihen: Babyschalen werden von Automobilclubs wie dem ADAC oder ÖAMTC verliehen.

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Kommentar als Gast schreibenKommentare (2)

  • Michaela

    Für mich ist die Sicherheit entscheident, nicht ob mein Kind das mag oder nicht. Im Unfallsfall war das dann nämlich wahrscheinlich die bessere Entscheidung

    Antworten | 26. Oktober 2016
  • Vielen Dank für diesen umfangreichen und tollen Artikel – ich wünschte, ich hätte ihn vor der Anschaffung unseres Autositzes gelesen, dann hätte ich nicht stundenlang recherchieren müssen… Unsere Tochter mag Autofahren überhaupt nicht, das hat sich innerhalb ihres ersten Lebensjahres leider nicht geändert. Deshalb war es ein wichtiger Punkt, einen bequemen zweiten Autositz zu finden, der kein „Aufprallkissen“ vorne hat wie der Testsieger, den wir natürlich wegen der Werte gerne genommen hätten. Ein Punkt, den viele Eltern denke ich vergessen: will mein Kind da überhaupt drin sitzen?

    Beste Grüße, Janina

    Antworten | 16. März 2014

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