Pro und contraWarum wir keine Pauschalreisen mit Kindern machen
Zusammen mit hunderten anderen Urlaubern in der Sonne braten und kostenlose Getränke abgreifen, während die Kids im Kinderclub sind. Kontakt zum Urlaubsland? Fehlanzeige. Wer will schon Pauschalurlaub machen?
von KidsAway-Redaktion
Strandvergnügen? Als Sardine vielleicht
© Flickr/Sharon Mollerus
Wenn ihr unsere Gedanken zum Thema Fernreisen mit Kindern gelesen habt, dann wisst ihr schon, dass ihr unsere Ausführungen mit einem Augenzwinkern lesen könnt – und natürlich werden wir auch diesen Beitrag in der nächsten Woche mit einem Kontra vervollständigen. Denn wie immer, wenn es ums Thema Familie geht, kommt es halt darauf an!
Die Vorteile einer Pauschalreise liegen auf der Hand – wenn man der Werbung glauben will, die uns ab der Frühbuchersaison allerorten die Ohren volltönt: billig, billig, billig!!
Liebe Werbetreibende, glaubt ihr eigentlich, wir Familien wären blöd? Wie billig ist denn eine Pauschalreise noch, wenn ich es mal geschafft habe, meine drei Kinder, die Schulferienzeit und meinen Wunsch nach einem familienfreundlichen Hotel in die Suchmaske einer der unzähligen „Superbillig – supereinfach – superklasse“-Reisewebsites einzugeben?
Von wegen, man kann tolle Schnäppchen machen. Wenn wir spontan übermorgen von Buxtehude aus starten können, vielleicht. Und höchstens zwei Kinder mitnehmen. Babys sind bei Pauschalreisen oft total kostenfrei! Solange wir sie im Flugzeug auf dem Schoß halten, versteht sich (und damit ihr Leben riskieren – schönen Dank auch).
Wenn es uns um den Preis geht, dann reisen wir doch wesentlich lieber individuell. Das muss nicht heißen, dass wir einen Bogen um Reisebüros machen. Aber dort lassen wir uns die Flüge und Unterkünfte für unsere Familie nach unseren Ansprüchen zusammenstellen – und nicht nach den Vorstellungen eines Reiseveranstalters, der keine Ahnung von unseren Vorlieben und Interessen hat (und dem die auch egal sind, er will ja nur sein Flugzeug und sein Hotel voll kriegen).
Dann passiert uns auch das nicht, worüber sich Leute in Internetforen immer wieder beklagen: „Zwei Wochen vor der Abreise die Flugdaten fünf Stunden nach hinten verschoben“, „Wir fliegen plötzlich nicht mehr von Berlin, sondern von Rostock“, „Das Hotel wurde kurz vor der Reise geändert, weil nicht genug Urlauber gebucht hatten“… Wir bestimmen nämlich gern selbst, wann wir reisen und wohin.
Wir wollen uns doch aber um nichts kümmern, sagen uns Bekannte, die sich gern im Ferienflieger-Sammelpaket an die Costa Brava verschicken lassen. Aha, denken wir – wieso fahrt ihr dann überhaupt in ein anderes Land? Wenn wir verreisen, dann möchten wir bitte selbst entscheiden, was uns interessiert, und wir möchten es uns auch sehr gern selbst anschauen und dabei nicht einem „Guide“ hinterherdackeln, der uns vorschreibt, was wir interessant finden sollen und was nicht.
Vor allem unterwegs mit Kindern ist mir die Vorstellung, uns an den Zeitplan und die Laufgeschwindigkeit einer Reisegruppe anpassen zu müssen, ein Graus. Ich komme jetzt schon ins Schwitzen, wenn ich daran denke.
Genauso verschwitzt und hektisch werde ich bei dem Gedanken an dreimal tägliche Mahlzeiten in einem wuseligen, krachlauten Speisesaal. Dann schlagen wir uns den Bauch voll mit Schnitzel, Pommes und Eisbergsalat von zweifelhafter Frische, beobachten, wie die Zutaten jeden Tag zu einem anderen Gericht vermengt sind, und machen drei Kreuze, dass uns diesmal keine Salmonelleninfektion dahinrafft. Nach der dreimal täglichen All-inclusive-Völlerei (ist doch alles bezahlt… also aufessen!) plagt uns dann noch das schlechte Gewissen, weil die Bikinifigur ruiniert ist.
Pauschalhotel am Strand - mitten im Nichts
© Flickr/Andy Mitchell
Statt uns mit den Kindern den Stress (und die Extrakosten!) einer geführten Bustour mit Stopp am Teppichmarkt anzutun, bleiben wir also lieber bequem am Hotelpool liegen. Der ist sowieso total geil, mit Riesenrutschen und Wellenbad und allen Schikanen. Schon ein Wahnsinn, wo es doch hier ringsherum so trocken ist?! (Über Nachhaltigkeit und Umweltschutz darf man nicht nachdenken, wenn man ein guter Pauschalurlauber sein will!)
Aber Vorsicht: Familie Meier, Familie Lehmann und Familie Richter (alles Deutsche, weil ja auch der Reiseveranstalter deutsch ist – so lernen wir wenigstens keinen von diesen seltsamen Einheimischen kennen, und mit einer Fremdsprache müssen wir uns auch nicht rumschlagen) breiten hier schon vor dem Frühstück ihre Handtücher aus und beanspruchen die besten Plätze für sich. Ausschlafen können wir aber eh vergessen: Wenn wir noch etwas vom Frühstücksbuffet bekommen wollen, heißt es vor 9 Uhr den Speisesaal stürmen.
"Und jetzt alle mitmachen!"
© Flickr/tchoukball photo sharing
Spaß mit anderen Kindern und Animateuren haben unsere Lütten sonst täglich, nämlich im Kindergarten und in der Schule. Jetzt sind Ferien, da möchten wir sie doch gern mal selbst bespaßen. Wann ist denn sonst noch Gelegenheit für Familien, mal etwas gemeinsam zu erleben? An unsere bisherigen, animateurfreien Reisen denken wir alle jedenfalls recht gern zurück.
Wenn wir ein Urlaubsziel für uns alle festlegen, dann, weil wir es spannend finden – in jedem Land der Erde und auch in Deutschland kann man unheimlich viel entdecken und erleben. Aber wer ein Entdecker sein will, der muss schon selbst aktiv werden. Genau das wollen wir unseren Kindern beim Reisen vermitteln: Sie sollen mit offenen Augen durch die Welt gehen, eine fremde Umgebung oder gar eine fremde Kultur selbst wahrnehmen und die Unterschiede kennenlernen.
Sie sollen auch lernen, sich selbständig im Leben zurechtzufinden – und das zeigen wir ihnen unter anderem, indem wir gemeinsam mit ihnen reisen. Dann suchen wir unsere Zugverbindung und den richtigen Bahnsteig selbst heraus, wir fragen uns radebrechend und mit Wörterbuch bei Taxifahrern und Passanten durch, fahren mit dem öffentlichen Bus (oder bequem mit dem Taxi) vom Flughafen in ein Hotel, das wir selbst nach unseren Wünschen herausgesucht haben, oder wir fahren mit unserem eigenen (gemieteten…) Wohnmobil herum und halten an, wo und wann es uns gefällt.
Das ist auch anstrengend, richtig. Aber es ist doch eine gute Art von Anstrengung, wenn man etwas selbst geschafft hat, und wenn man dafür die Gelegenheit bekommt, etwas Neues und Unbekanntes zu entdecken, Dinge zu erleben, die nicht vorgeplant waren und vielleicht sogar ein klitzekleines bisschen aufregend sind? Nur daran erinnern wir uns doch Jahre später noch – nicht an eine Woche Herumliegen am Hotelpool.
Jenny hat ihre Familie bisher erfolgreich individuell nach Mallorca, durch Vietnam und Kambodscha, nach Neuseeland und durch Schweden und Norwegen geschleift – ohne dass etwas schiefging, mit vielen tollen Erlebnissen und mit sehr entspannten Stunden am Strand und (!) am Hotelpool zwischendurch. In wenigen Wochen geht es nach Japan – individuell, versteht sich.
Warum nicht Beides???
Grundsätzlich bin ich ein absoluter Fan von Individualreisen, wo man sich schon bei der Planung selbst ins Zeug legen muss und dabei schon vom Reisefieber und Fernweh gepackt wird. Dabei darf es auch ruhig abenteuerlich sein schließlich will man den Kopf frei bekommen, ein Land auf eigene Faust entdecken und mit Einheimischen in Kontakt kommen.
Aber ich habe eines Tages auch einfach mal das „Abenteuer“ Cluburlaub ROBINSON gewagt und muss sagen es war wirklich toll;)) Wenn es zu Hause sehr stressig wird im Job und man nicht viel Zeit hat dann ist so eine Woche genau das Richtige. Tolles Essen, super Sportmöglichkeiten, klasse Service und man muss sich um nichts kümmern… das war sehr erholsam und entspannt. Beide Arten zu Reisen haben was für sich;))
Jetzt mit Baby im „Gepäck“ wagen wir nun unsere erste Individualreise nach Indonesien und sind wahnsinnig gespannt!!!
Ganz schön „pauschalisiert“ Eure Aussage, dass eine individuell als Bausteinreise zusammengestellte Reise immer (bis zu 30%!) billiger ist als eine Pauschalreise!!! Ein gutes Reisebüro vergleicht beide Buchungsmöglichkeiten und bietet dann die für den Kunden günstigere Form an. Und oftmals ist dann doch die Pauschalreise deutlich günstiger, weil die Reiseveranstalter eben ganz andere Flugkontingente einkaufen können und daher günstige Pakete anbieten können. Ich glaube, viele Leute wissen gar nicht, was eine Pauschalreise ist und der Unterscheid zwischen Reiseveranstalter und Reisebüro ist ihnen auch unklar. Ich gebe Jenny total recht, dass die großen Online Portale immer nur mit billig, 70% Rabatt, günstig, fast umsonst und Geiz ist geil werben. Das nervt uns Reisebüros auch zu Tode! Denn, wie Jenny und viele Familien mit schulpflichtigen Kindern schon germekt haben, ist es mittlerweile wirklich teuer geworden, in den Sommerferien zu verreisen und einen qualitativ hochwertigen Urlaub zu machen – abseits vom Ballermann und Co.(Vor allem wenn man zu spät dran ist…) Aber hier pauschal zu behaupten, alle „Pauschalreisen“ wären wie Urlaub an der überfüllten Adria oder einem Hotelbunker in der Türkei – das ist Falsch! Es gibt so viele tolle Reiseveranstalter, die sehr individualisierte Pauschalreisen anbieten und die einem gemeinsam mit dem Reisebüro die langwierige, Zeit- und Nervenaufreibende Arbeit der Planung, Buchung und Organisation abnehmen. Es gibt auch Pauschalreisen nach Andalusien, wo man dann sogar mit Baby/Kleinkind standortgebunden wunderschöne Orte erkunden, Kultur, Kulinarik und andalusische Lebensfreude kennenlernen kann, weil man den Mietwagen gleich mit hinzubucht. Oder was ist mit einer Rundreise durch Kuba in kleinen Gruppen, wo man dann in Casas Particulares (bei Einheimischen zu Hause) wohnt? Auch über einen Veranstalter „pauschal“ buchbar. Wer Interesse hat, dem lasse ich gerne noch unzählige weitere Beispiele einer Pauschalreise abseits des All-Inclusive Ballermann Klischees zukommen. Und dass es nur Schnitzel mit Pommes und lauten Animationsquatsch gibt, stimmt so auch nicht. Ich war mit meiner Familie PAUSCHAL letzten Oktober auf Kreta im Robinson Cub und habe ein qualitativ erstklassiges ZUMBA-Event mitgemacht. Das Essen war absolut fabelhaft! Auch Bio-Nahrung, Kochkurs etc. Unser Sohn war total angetan von den super netten kompetenten Erzieherinnen im Kinderclub und hat auch einen Freund gefunden, mit dem er abends zur Minidisco gegangen ist, während wir mit den Eltern relaxed einen Cocktail an der Bar genommen haben. Also sorry! Ich bin ÜBERHAUPT KEIN Fan von Billig-Massen-Tourismus. Aber Massentourismus ist NICHT gleichzusetzen mit Pauschalreise. Übrigens gibt es auch genug Reiseveranstalter die viel wert auf Nachhaltigkeit, Kulturelle Begegnungen mit Land und Leute und Umweltschutz legen (schau mal For Family Reisen an..) Danke! Bin gespannt auf Eure „Gegendarstellung“, die noch kommen soll…
Danke für deinen sehr ausführlichen Kommentar 😉
Natürlich ist der Beitrag nicht 100 % ernst zu nehmen, sondern soll vor allem zur Diskussion anregen – wir freuen uns also gerade auch über „Gegendarstellungen“. Die Argumente für den Pro-Pauschalreise-Beitrag hast du jetzt allerdings schon fast alle verraten… Menno!
Achtung bitte, Pauschalreise heißt ja nicht gleich „Ballermann“ oder „All-incl.-Club“. Man kann eine Pauschalreise (also ein Paket aus Flug, Transfer und Unterkunft) auch für kleine, landestypische Hotels, Pensionen oder Apartments buchen. Pauschal hat nichts mit „Animationszwang“ oder „Massentourismus“ zu tun.
Unterschrieben!
und ergänzt:
Individualreisen machen unsre Kinder offen. Sie leben und erfahren Toleranz und sehen in der Globalisierung nicht nur Döner, Reis und Rohzucker, sondern eine Welt in der alle Menschen (nicht zu vergessen die Natur) wertvoll sind.
Acho: Yiha!